Zur Illustration der Schwierigkeiten bei der Produktion von wolkenfreien Satellitenbild-Zusammenstellungen verwende ich oft die Analogie des Versuches, einen Elefanten zu fotografieren, der in erheblicher Entfernung durch einen dichten Wald läuft und dabei auch noch seine Farbe ändert wie ein Chamäleon.
Diese Metapher soll die zwei Hauptschwierigkeiten bei der Produktion solcher Bilder illustrieren – der dichte Wald steht für die Wolken während der Chamäleon-Charaketer das sich ändernde Erscheinungsbild der Erdoberfläche verdeutlicht. Die meisten Versuche bei der Zusammenstellung von Satellitenbildern und die meiste Forschung und Diskussion in diesem Bereich konzentrieren sich auf die Wolken – diese sind ein universelles und unvermeidliches Problem und man muss damit irgendwie klar kommen, wenn man in diesem Bereich arbeitet. Dem sich ändernden Erscheinungsbild der Erdoberfläche wird hingegen meist nicht so viel Aufmerksamkeit zu Teil. Für eine Zusammenstellung guter Qualität muss man auch damit irgendwie umgehen, meist geht dies jedoch nur als Nebeneffekt bei der Behandlung des größeren Problems der Wolken ein und die Leute versuchen nur irgendwie damit klar zu kommen, verwenden jedoch kaum explizit Gedanken darauf.
Es gibt eine Reihe von Strategien, wie man sich dem Problem nähern kann. Die meisten davon laufen darauf hinaus, einen Zustand im Gesamtspektrum der Erscheinungsformen zu identifizieren, den ich als stabiles Extremum bezeichnen möchte. Das Vegetations-Maximum ist hier ein naheliegender und oft verwendeter Zustand. Stabiles Extremum bedeutet, dass (a) das gewählte Erscheinungsbild in Bezug auf zumindest eine definierte Eigenschaft einen Extremzustand in der Gesamtentwicklung darstellt und (b) dass dieser Zustand in gewissem Rahmen stabil ist, also dass die Natur zumindest zeitweise in diesem beharrt. Das Vegetations-Maximum ist in weiten Teilen der Erde ein solcher Zustand. Ein anderer, oft gewählter Zustand, insbesondere in Gebieten mit ausgeprägter Regenzeit, ist die Trockenzeit, denn dort ist das Problem der Wolken meist weniger groß. Ein weniger stabiles Extremum ist – zumindest in gemäßigten Klimaregionen – das Schnee-Maximum. Eine Schnee-Bedeckung im Flachland ist in Mitteleuropa zum Beispiel meist recht schnell wieder weg.
Der schwierigste Typ von Zustand der Erdoberfläche, den man für die Visualisierung auswählen kann, sind instabile Übergangsstadien. Eines der interessanten davon sind die Herbstfarben. Die Schwierigkeit, für einen solchen Zustand eine Bildzusammenstellung zu produzieren liegt darin
- dass man einen Punkt in einer recht schnellen Entwicklung auswählen muss.
- dass dieser Ziel-Zustand nicht einfach zu quantifizieren ist, denn die Veränderungen der Laubfarben im Herbst ist ein mehrdimensionaler Effekt, der sich auch zwischen den Pflanzenarten stark unterscheidet und der darüber hinaus auch von den lokalen Gegebenheiten abhängt.
- dass der genaue Verlauf dieser Entwicklung erheblich von Jahr zu Jahr variiert, und diese Unterschiede oft gar nicht so klein sind im Vergleich zur Dauer der gesamten Entwicklung. In anderen Worten: wenn in einem Jahr die Blätter gerade beginnen, sich zu verfärben, sind sie in einem anderen Jahr vielleicht fast schon am Abfallen.
Aufgrund dieser Schwierigkeiten gibt es kaum größere Bildzusammenstellungen, welche Herbstfarben darstellen. Um mal zu schauen, was sich in diesem Bereich machen lässt, habe ich das folgende Bild vom Nordosten Russlands produziert, welches die untere Lena und das Werchojansker Gebirge in Herbstfarben zeigt.
Dies ist nebenbei bemerkt die Region auf der Erde mit den größten Temperaturdifferenzen zwischen Sommer und Winter mit zum Teil einer natürlichen Temperaturspanne von mehr als 100 Grad Celsius. Und es gibt dort – und dafür habe ich dieses Gebiet ausgewählt – auch eine recht vielseitige und farbenfrohe Veränderung der Vegetation im Herbst.
Im Vergleich zu meinen üblichen Bildzusammenstellungen ist die Produktion einer solchen Darstellung noch kein gut etablierter Prozess. Wie man sieht ist das Rechteck des Bildes nicht vollständig abgedeckt und auch in Bezug auf Konsistenz und Wolkenfreiheit ist das Bild nicht ganz auf dem üblichen Niveau. Durch die beschriebenen Schwierigkeiten arbeiten viele der Techniken, die ich verwende, um eine hohe Qualität sicherzustellen, nur eingeschränkt, wenn ein solches instabilen Übergangsstadium das Darstellungsziel ist. Dennoch denke ich, dass das Ergebnis unter diesen Umständen ganz akzeptabel ist. Hier ein paar vergrößerte Ausschnitte:
Datenbasis bilden hauptsächlich Copernicus Sentinel-2-Bilder, ergänzt zu etwa 20-30 Prozent durch Landsat-Daten.