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Der MapBox „Cloudless Atlas“

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MapBox hat vor einiger Zeit einen vielversprechenden Versuch begonnen, ein neues wolkenfreies Mosaik von MODIS-Satellitenbildern zu produzieren und sie haben nun das Ergebnis bereitgestellt – sowohl für ihre Kunden als auch für die OSM-Community.

Ein paar Informationen zum Hintergrund – MODIS ist ein Bilderfassungssystem, welches auf zwei Satelliten der NASA eingesetzt wird, welche sich in dem selben Orbit befinden wie Landsat, über welchen ich gerade geschrieben habe.  Einer der beiden Satelliten (mit dem Namen Terra) hat dabei wie Landsat ein morgendliches Sichtfenster während der andere (Aqua) eine Nachmittagsansicht aufnimmt.  Da das MODIS-Instrument ein wesentlich breiteres Sichtfeld hat als Landsat (und entsprechend geringere Auflösung) kann es nahezu die gesamte Erdoberfläche täglich erfassen (mit kleinen Lücken am Äquator, welche nur alle zwei Tage abgedeckt werden).  Der Sensor von MODIS ist außerdem moderner als der des alten Landsat TM/ETM-Systems und produziert 12 bit Daten in 36 Spektralbändern.  Unterhalb ein aktuelles zusammengesetztes Bild der Aufnahmen eines einzelnen Tags (9. Mai 2013).  Die Begrenzung am unteren Rand des Bildes is bedingt durch die Polarnacht.

Die beschriebenen Eigenschaften machen die MODIS-Daten attraktiv für die Produktion weltweiter wolkenfreier Zusammenstellungen – die bekanntesten sind die Blue Marble und „Blue Marble Next Generation“-Bilder, über die ich bereits  früher geschrieben habe. Nun ist BMNG bereits über 8 Jahre alt und das Bild von MapBox scheint ein interessantes Update zu sein. Dabei sollte klar sein, dass die für ein solches Projekt zu verarbeitenden Datenmengen enorm groß sind.  Ein einzelnes globales Bild in der Auflösung der sichtbaren MODIS-Bänder ist bereits mehrere Gigabyte groß und um Wolkenfreiheit in tropischen Regionen zu erreichen braucht es meist eine ziemlich große Anzahl von Einzelbildern.  Ich mache dies auf keinerem Maßstab oft selbst für meine 3D-Ansichten. Die folgenden kritischen Anmerkungen sind also nicht abwertend für die Arbeit von Mapbox gemeint, sondern als konstruktive Kritik.

Hier das neue MapBox-Bild der gesamten Erde (oben) und zum Vergleich das Blue Marble Next Generation-Bild (unterhalb):

MapBox hat sich für eine Nachbearbeitung mit sehr kräftigen und helleren Farben entschieden.  Dies scheint eine Entscheidung in letzter Minute gewesen zu sein, denn die zuvor gezeigten Beispielbilder liegen in den Farben näher beim BMNG-Bild – hier zunächst das jetzt veröffentlichte Bild, unterhalb das frühere Beispiel und zuletzt das BMNG-Bild:

Ich kann hier nur vermuten, dass die Leute bei Mapbox denken, die kräftigeren Farben würden ihren Kunden besser gefallen.  Aber man erkennt in diesem Beispiel auch die Nachteile – die hellen Gebiete des Schnees sind einförmiges Weiß ohne Struktur und bereits im Original recht kräftigen Farbein (wie die tiefen Grüntöne) sind durch die Bearbeitung nicht mehr im Farbraum darstellbar.  Man beachte, dass das BMNG-Bild auch farblich nachbearbeitet ist, allerdings so, dass die Farbtöne im großen und Ganzen erhalten bleiben.

Des weiteren hat MapBox in den jetzt herausgegebenen Bildern die Meeresflächen durch eine einheitliche Farbe ersetzt.  Dies ist verständlich, da ein einheitliches wolkenfreies Bild des Ozenans noch wesentlich schwieriger zu produzieren ist als für das Land, da sich das Meer deutlich schneller verändert.  Außerdem lenkt das Meer oft ab, wenn es bei der Darstellung in erster Linie um das Land geht.  Für die Maskierung wurde jedoch anscheinend eine recht alte und nicht sehr detaillierte Land-Wasser-Maske verwendet (insbesondere nicht die aktuellen OpenStreetMap Küstenlinien-Daten).  Dies erkennt man gut in Nordgrönland:

Eine weitere Beobachtung ist, dass MapBox die Daten anscheinend nicht für die atmosphärische Streuung kompensiert hat.  Für ein wolkenfreies Bild verwenden sie natürlich die Daten mit dem geringsten Atmosphäreneinfluss aber die grundsätzliche Streuung, welche immer da ist und welche zu einem unterschiedlichen Erscheinungsbild von Tälern und Bergen führt, bleibt bestehen.  Dies kann man am folgenden Beispiel des Sichuan-Beckens in China sehen:

Zum Vergleich die BMNG-Version:

Die Atmosphäre im Bild zu erhalten kann natürlich Absicht sein – dies stellt jedoch einen deutlichen Unterschied zum BMNG-Bild dar, welches versucht, das Erscheinungsbild aus der Nähe ohne Atmosphäre anzunähern.  Was man an diesem Ausschnitt auch sehen kann ist, dass die jahreszeitlichen Veränderungen nicht ganz konsistent verarbeitet sind.  Im Gegensatz zum BMNG, von welchem getrennte Versionen für jeden Monat verfügbar sein, hat MapBox lediglich ein einheitliches Bild produziert, welches über die Erdoberfläche verteilt unterschiedliche Jahreszeiten wiedergibt.  In den Gebirgsregionen im westlichen Teil dieses Ausschnitts liegen zum Beispiel das Minimum der Schneebedeckung, das Vegetationsmaximum und die geringste Wolkenbedeckung an unterschiedlichen Zeitpunkten des Jahres.  Die gewählte Darstellung gibt eine zufällige Mischung dieser Jahreszeiten wieder, teils mit recht geringem lokalen Abstand.

Und schließlich ist natürlich auch interessant, wie gut der Anspruch der Wolkenfreiheit erfüllt wird.  Die Schlüsselgebiete hierfür sind gewöhnlich die Tropen.  Das folgende Beispiel zeigt Teile Ecuadors in Südamerika mit der MapBox-Version links und dem BMNG rechts.

Einige wenige weiße Punkte im Gebirge sind tatsächlich Gletscher, das meiste Weiß in beiden Bildern sind allerdings Wolken.  Es scheint, dass während die Ostseite des Gebirges etwas besser ist, auf der Westseite im MapBox-Bild mehr Wolken zu sehen sind, als im BMNG.  Obwohl dies natürlich eine sehr schwierige Region darstellt, was die Wolken betrifft, ist diese Beobachtung merkwürdig, insbesondere, da die Datenbasis von MapBox vermutlich größer ist als bei BMNG.

Da ich das Ganze hier vor allem für den Zweck der Geovisualisierung betrachte, ist die Nachbearbeitung mit ihren kräftigen Farben bei den Bildern der problematischste und auch etwas enttäuschende Punkt.  Ich kann nicht umhin zu bemerken, dass die Erscheinung des MapBox-Bildes eigentlich dem ersten Blue-Marble-Bild von 2002 recht ähnlich sieht und somit einen Schritt zurück darstellt.  MapBox hat hier sicherlich ihre Kunden im Blick und denkt, dass die gewählte Gestaltung für diese optimal ist.  Und ich weiss auch, dass eine Menge Leute die Farben im Blue Marble 2002 denen im BMNG vorziehen, so dass diese Einschätzung durchaus richtig sein könnte.  Das Problem ist jedoch, dass für diejenigen, die das anders sehen und die die Farben anders bearbeiten möchten (wie man es ja mit den MapBox-Werkzeugen auch in gewissem Rahmen kann), die vorausgehende Bearbeitung durch MapBox bereits eine Menge Informationen zerstört hat, die für eine individuelle Wiedergabe nützlich sein können.

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