Bei all den Diskussionen zum Thema Rechte bei der Verwendung und Verbreitung von Geodaten, wo die Befürworter restriktiverer Gesetze meist mit dem Schutz von Investitionen argumentieren, während die Vertreter offener Daten die Bedeutung freier Informationen für die Gesellschaft heraussstellen, gerät oft in Vergessenheit, dass das Übernehmen von Informationen aus Karten eine verbreitete Praxis lange vor Beginn des digitalen Zeitalters war. Das lässt sich am Besten anhand von Datenfehlern erkennen – was sogar dazu geführt hat, dass absichtlich Fehler in Karten eingefügt werden, um die Übernahme von Informationen zu verfolgen.
Ein prominenter Kartenfehler, welcher in den letzten Jahrzehnten eine echte Ausnahmekarriere hingelegt hat, lässt sich bei der Insel Kvitøya finden, welche sich im Osten von Spitzbergen ganz im Norden Europas befindet. Die Insel hat grob eine ovale Form mit der Länge in NO-SW-Richtung etwa doppelt so groß wie der Breite. In vielen Karten findet man diese Insel in einer deutlich schmaleren Form mit einem Länge:Breite-Verhältnis von mindestens 1:5:
- Eine US-Militär-Karte von 1969
- Eine aktuelle US(CIA)-Karte
- in The Times Atlas of the World 1955
- in sowjetischen Militärkarten
Der Ursprung dieses Fehlers ist nicht ganz klar aber er ist in Landkarten aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weit verbreitet. Es handelt sich jedoch nicht um einen generellen Irrtum über die Form der Insel – man kann zum Beispiel auf einer Karte hier aus der Zeit um 1900 eine recht wirklichkeitsnahe Form der Insel erkennen. Da es recht unwahrscheinlich ist, dass sich solch ein Fehler identisch bei mehreren unabhängigen Vermessungen der Insel ergibt, lässt sich fast mit Sicherheit sagen, dass hier in großem Stil Geodaten kopiert wurden.
Openstreetmap enthielt bis heute ebenfalls diesen bemerkenswert langlebigen Fehler – was auch sehr schön das primäre Problem beim Import von Daten aus externen Quellen ohne Überpüfung der Genauigkeit illustriert. Die fehlerhaften Daten wurden 2008 aus der GADM-Datenbank importiert, um eine rudimentäre Abdeckung von Gebieten zu gewährleisten, welche nicht in anderen Küstenlinien-Datenquellen wie der PGS enthalten sind. Wie dieser Fehler aber deutlich macht sind diese Daten teils sehr alt und unzuverlässig.
Ich habe jetzt diesen Teil korrigiert – auf Basis aktueller Landsat-Bilder und somit meine vorherige Erfassung von Franz-Josef-Land nach Westen auf die Victoria-Insel und Kvitøya erweitert.
Daneben habe ich auch gesehen, dass auch andere an der Verbesserung veralteter Küstenlinien in der Arktis arbeiten – es besteht also Hoffnung auf weiteren Fortschritt.