Eine interessante Funktion des neuen Landsat 8 Satelliten, welcher Anfang des Jahres gestartet wurde, ist die Fähigkeit Bilder in seitlicher Richtung (off-nadir) aufzunehmen. Normalerweise blicken Erdbeobachtungs-Satelliten direkt nach unten auf die Erdoberfläche. Die Möglichkeit den Blick zur Seite zu schwenken ermöglicht die Aufzeichnung von Bildern außerhalb des normalen Zeitplans (bei welchem sich der selbe Ausschnitt nur alle 16 Tage wiederholt) sowie die Aufnahmen von Gebieten nördlich und südlich der eigentlichen Abdeckung des Satelliten.
Landsat deckt eigentlich die gesamte Erdoberfläche bis etwa 82°40′ geographischer Breite ab und kann lediglich die nördlichsten Teile von Grönland und Ellesmere Island im Norden sowie die zentrale Antarktis im Süden nicht erfassen. Die Schrägsicht-Fähigkeit von Landsat 8 erlaubt jetzt die Erfassung aller Landflächen im Norden sowie eine deutliche Reduktion der Lücke im Süden. Leider scheint die Aufnahme solcher Bilder recht stark in den normalen Betriebsablauf einzugreifen, weshalb dies nicht sonderlich oft gemacht wird. Bis jetzt gibt es für den nördlichen Bereich außerhalb der regulären Abdeckung nur eine Bildreihe vom 17. Mai dieses Jahres. Ich habe diese zu einem Bild zusammengebaut:
Dieses Mosaik enthält mehrere Landsat-Szenen und ist in voller Größe ohne ‘pansharpening’ über 30000 Pixel breit. Im Mai ist fast alles mit Schnee bedeckt, so dass die Kontraste recht gering sind. Über Grönland auf der rechten Seite gibt es auch etwas Wolken obwohl der Zeitpunkt der Aufnahme offensichtlich in Hinblick auf gutes Wetter gewählt wurde. Ellesmere Island auf der linken Seite ist weitgehend wolkenfrei. Als Kartenprojektion wurde EPSG:3413 gewählt, das ist eine Polar-Stereographische Projektion zentriert bei 45 Grad West. Zum Vergleich hier ein MODIS-Mosaic vom Spätsommer 2011 vom selben Ausschnitt:
Welche Teile davon sich außerhalb der normalen Landsat-Abdeckung befinden zeigt das folgende Bild. Ebenfalls eingezeichnet sind die im Folgenden gezeigten vergrößerten Ausschnitte:
Die besten Kontraste und die geringsten Störungen durch die Wolken gibt es in den Infrarot-Kanälen des Bildes, weshalb die folgenden Ausschnitts-Vergrößerungen Infrarot-Bilder mit verstärkten Kontrasten zeigen. Dank des geringen Rauschens in den Landsat-8-Daten lassen sich die schwachen Unterschiede in der Schattierung recht gut herausarbeiten.
Der erste Ausschnitt zeigt die Reste des Serson-Schelfeises, dem südlichsten Schelfeis-Gebietes auf Ellesmere Island. Mehr Details hierzu kann man hier und hier nachlesen.
Der zweite Auschnitt enthält das Milne-Schelfeis, welches das zweitgrößte und stabilste der verbleibenden arktischen Schelfeis-Gebiete darstellt. Ein paar Wolken verhüllen den nördlichen Teil. Die typischen Wellenstrukturen der Schelfeis-Oberfläche sind gut zu erkennen. Sie erlauben die Unterscheidung zwischen Schelfeis und normalem Meereis. Auf Satellitenbildern geringerer Auflösung sind diese Wellen nicht zu sehen und die Unterscheidung wird dadurch schwieriger.
Am unteren linken Bildrand kann man noch ein kleineres Schelfeis-Gebiet mit dem Namen Peterson-Schelfeis erkennen.
Dieser Ausschnitt zeigt das Ward-Hunt-Schelfeis, das größte Schelfeis der Arktis. Jüngste Eisverluste haben es in zwei Teile aufgeteilt und dadurch den Disraeli Fjord unten rechts freigegeben. Die Fjorde und küstennahen Gebiete um das Schelfeis herum sind mit stationärem Küsteneis bedeckt, während im oberen Teil des Ausschnittes das bewegliche Packeis des arktischen Meeres zu sehen ist.
Der letzte Aussschnitt von wesentlich weiter östlich zeigt das einzige größere Schelfeis-Gebiet in Nordgrönland im Hunt-Fjord zwischen Kap Kane im Westen und Kap Washington im Osten, Viele der Fjorde im Norden Grönlands sind mit mehrjährigem Eis bedeckt, welches nur alle paar Jahre aufbricht, dies ist jedoch der einzige Fjord, wo sich hieraus ein dauerhaftes Schelfeis gebildet hat. Trotz der starken Beeinträchtigung durch Wolken lassen sich die Wellenstrukturen der Eisoberfläche deutlich erkennen.