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Risiken und Widerstandsfähigkeit gegen solche im OpenStreetMap-Projekt

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Es findet derzeit gerade eine Ideen-Sammlung im OpenStreetMap-Wiki statt in Form einer SWOT-Analyse, initiiert von Allan Mustard, neugewähltem Vorstandsmitglied der OpenStreetMap-Foundation. Herausgekommen ist bereits eine interessante und weiter wachsende Sammlung von Ansichten, Ideen, Wünschen und auch Beschwerden über das Projekt aus verschiedenen Perspektiven und ich empfehle jedem, sich das durchzulesen und ggf. auch eigene Ideen beizutragen.

Die gewählte Form, die SWOT-Analyse, ist ein für verschiedene Zwecke im Management von Unternehmen verbreitetes und beliebtes Instrument. Ich halte von den meisten dieser Anwendungen nicht viel, insbesondere wenn man sie im nicht unternehmerischen Bereich anwendet. Als Grundlage einer ersten Ideensammlung ist dies jedoch völlig in Ordnung. Man muss aber sehr aufpassen, wie man diese Ideen dann analysiert und interpretiert, denn es ist sehr einfach, dabei eigene Präferenzen und Wünsche hineinzulesen.

Was ich hier machen möchte ist, diesen Ansatz dazu zu verwenden, einen Blick auf das OpenStreetMap-Projekt zu werfen in Bezug auf die Risiken, die ihm gegenüber stehen und wie widerstandsfähig das Projekt gegenüber Bedrohungen ist, denen es sich in Zukunft möglicherweise gegenüber sieht. Die OSMF hat es in der Vergangenheit weitgehend versäumt, einen systematischen Blick auf dieses Thema zu werfen und es ist wirklich Zeit, dass sich dies ändert. Ich bin mir natürlich nicht sicher, ob es tatsächlich vom OSMF-Vorstand geplant ist, so etwas auf dieser Ideensammlung aufzubauen oder ob da eher klassische Ideen der unternehmerischen Optimierung drauf aufbauen sollen – das wird man sehen müssen.

Ich bin natürlich hierbei auch geprägt durch meine persönliche Sichtweise auf die Dinge, werde aber versuchen, auch zu erklären, warum ich die Dinge so sehe, wie ich das tue und viele der im Folgenden dargelegten Zusammenhänge habe ich auch bereits früher detaillierter erläutert und dazu argumentiert.

Die Subjektivität bei der Einordnung in negativ und positiv

Was SWOT macht ist, ein Projekt oder ein Unternehmen in Bezug auf dessen Chancen und Risiken zu analysieren und zwar in vier Kategorien über zwei Dimensionen, nämlich innere Faktoren (strengths and weaknesses) und äußere Faktoren (opportunities and threats) bzw. positive Faktoren (strengths and opportunities) und negative Faktoren (weaknesses and threats). Der häufigste Fehler, der dabei gemacht wird, ist es, innere und äußere Faktoren zu vermischen. Das schwierigere Problem ist jedoch die Unterscheidung zwischen positiven und negativen Faktoren. Diese Unterscheidung hängt maßgeblich vom Standpunkt des Betrachters und von den angenommenen Zielen ab. Ich möchte dafür zwei Beispiel geben.

  • Falls vor 15 Jahren, als OpenStreetMap gerade begann, irgendein Manager eine SWOT-Analyse vom Projekt gemacht hätte, hätte man vermutlich das Fehlen von Leuten mit formeller Qualifikation oder Training im Bereich Kartographie oder Geodaten-Verarbeitung als eine der großen Schwächen identifiziert. Später hat sich jedoch herausgestellt, dass dies eine der großen Stärken war, denn es hat verhindert, dass OpenStreetMap all die veralteten und nicht nachhaltigen Prinzipien der Welt der professionellen Kartographie zu der damaligen Zeit übernimmt und es hat OpenStreetMap erlaubt, schnell eine große Zahl an freiwilligen Mappern mit fundiertem lokalen Wissen zu rekrutieren.
  • Wie ich vielfach schon dargelegt habe, halte ich das Prinzip der Überprüfbarkeit bei OpenStreetMap für eine der grundlegenden Regeln und Werte des Projektes, welches die gleichbereichtigte Zusammenarbeit im Projekt über kulturelle Grenzen hinweg ohne einseitige kulturelle Dominanz ermöglicht. Gleichzeitig betrachte ich die Tatsache, dass die OSM-Datenbank eine ganze Menge nicht überprüfbare Daten beinhaltet, als eine erhebliche Schwäche. Viele Datennutzer jedoch, welche in ihren Karten Bedarf an nicht überprüfbaren Daten haben, wie zum Beispiel Gebietsansprüchen von Staaten, hätten es gerne, wenn OpenStreetMap mehr solche nicht überprüfbaren Daten mit einbeziehen würde und betrachten deshalb ihr Fehlen als eine Schwäche.

Lange Geschichte kurzer Sinn – was jemand auf der positiv- und auf der negativ-Seite einer SWOT-Analyse auflistet, ist recht subjektiv und hängt sowohl von der Tiefe des Verständnisses für das Projekt und sein Umfeld bei der Person, welche die Analyse durchführt, ab, als auch von den Zielen, für welche die Analyse durchgeführt wird.

Zum Zwecke dieses Beitrags werde ich als das Ziel des OpenStreetMap-Projektes die Sammlung von überprüfbarem lokalem geographischem Wissen durch gleichberechtigte und selbstbestimmte Zusammenarbeit von Individuen in einer global einheitlichen offenen Datenbank annehmen.

Innere und äußere Faktoren

Obwohl die korrekte Identifikation innerer und äußerer Faktoren am Ende nicht so schwierig sein sollte, versagt eine solche binäre Klassifikation bei OpenStreetMap, da sie nicht die Komplexität der Situation berücksichtigt, insbesondere wenn man die Dinge aus der Perspektive der OpenStreetMap Foundation betrachtet.

Außenstehenden fällt es oft schwer, diese Zusammenhänge zu erkennen, denn sie nehmen in Analogie zu anderen Projekten OpenStreetMap oft als eine eigene Organisation wahr. Das ist jedoch nicht richtig. OpenStreetMap ist ein recht lose zusammenhängendes soziales Projekt, in dem Leute mit dem Ziel zusammenarbeiten, gemeinsam die Welt zu kartieren auf Grundlage von lokalem Wissen und das Ergebnis in einer offenen Datenbank zu speichern und zu pflegen. Die OpenStreetMap Foundation ist eine Organisation, welche gegründet wurde, um dieses soziale Projekt durch Infrastruktur und andere Mittel zu unterstützen. Die OSMF hat jedoch kein Mandat, das Projekt zu führen oder zu kontrollieren.

Aufgrund dieser Struktur würde ein Blick auf OpenStreetMap mittels SWOT es im Grunde erfordern, OpenStreetMap und die OSMF in eine einheitliche, hypothetische virtuelle Organisation zusammenzufassen und deren Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken zu analysieren. Dies würde jedoch ein unvollständiges und verzerrtes Bild ergeben, denn diese Entität aus OpenStreetMap und der OSMF zusammen existiert ja im Grunde gar nicht. Deshalb möchte ich hier den Blick auf das System aus dem sozialen Projekt OpenStreetmap und der OSMF etwas umfassender gestalten.

Dafür werde ich zunächst getrennt eine Blick auf die Stärken und Schwächen von OpenStreetMap und der OSMF werfen. Im folgenden gezeigt ist, was ich zusammengefasst als deren Stärken und Schwächen identifiziert habe, und zwar auf Grundlage des oben formulierten Ziels und natürlich aus meiner persönlichen Perspektive. Dies soll kein Ersatz sein für die umfassendere Ideensammlung im Wiki, die ich oben verlinkt habe, sondern wie dargelegt explizit die Unterschiede zwischen OpenStreetMap als sozialem Projekt und der OSMF herausarbeiten.

Stärken von OpenStreetMap

  • Das Projekt ist erfolgreich darin, im Sinne seiner Ziele Menschen über Kultur- und Sprachgrenzen hinweg die Zusammenarbeit zu ermöglichen und man kann davon ausgehen, dass dies auch in einem sich verändernden technischen und wirtschaftlichen Umfeld in der Zukunft weiter funktionieren kann. OpenStreetMap ist in dieser Hinsicht einzigartig, kein anderes Projekt versucht derzeit in einer vergleichbaren Art und Weise, Menschen aus verschiedenen Kulturen in völlig gleichberechtigter Arbeitsweise die Zusammenarbeit für ein gemeinsames Ziel zu ermöglichen.
  • Die Organisation des Projektes ist sowohl in sozialer als auch in technischer Hinsicht recht stark verteilt und dezentral und benötigt nur sehr wenig zentrale Infrastruktur und Management.
  • Das Projekt verwendet ein flexibles und generisches Datenmodell, welches angepasst werden kann, um verschiedenste geographische Elemente in unterschiedlicher Form abzubilden.
  • Die Datenbasis des Projektes ist sowohl in der räumlichen Breite als auch in der Tiefe im Detail in vielen Gegenden von hohem Interesse recht gut und in vielen Aspekten konkurrenzfähig mit alternativen Datenquellen.
  • Die Offenheit zur Bearbeitung durch jeden erlaubt es OSM, sich verändernde geographische Gegebenheiten schnell abzubilden und eine sehr stark diversifizierte Sammlung von Informationen zu produzieren.
  • Es gibt eine recht großes Umfeld von Software- und Karten-Entwicklung um das Projekt herum.
  • Werkzeuge für Mapper sind größtenteils in einem breiten Spektrum von Sprachen verfügbar, was es einer großen Zahl von Leuten erlaubt, mir geringen sprachlichen Barrieren am Projekt beteiligt zu sein.
  • Es gibt in vielen Teilen der Welt aktive lokale Mapper-Gemeinschaften.
  • Die OSM-Community hat eine recht gut funktionierende Kultur der internationalen Kommunikation zwischen Mappern entwickelt und etabliert, welche meist in der Lage ist, Konflikte nach dem Prinzip der Hoheit der lokalen Gemeinschaft über ihre Region und der Überprüfbarkeit vor Ort zu lösen.
  • Die Lizenz der Daten hat bis jetzt weitgehend erfolgreich die Entstehung nicht offener abgeleitete Datensätze verhindert und stellt eine Quellennennung sicher (oder legt sie zumindest nahe).

Schwächen von OpenStreetMap

  • Die Zahl der aktiven Community-Mitglieder, die sich stark mit den Zielen des Projektes identifizieren und die sich am Diskurs in der Community beteiligen, ist recht klein, während eine große Zahl von Leuten OpenStreetMap als eine Plattform für ihre individuellen Interessen nutzen ohne sich mit den Zielen und Werten des Projektes zu identifizieren.
  • Ein recht großes Volumen von Daten wird in OpenStreetMap hinzugefügt, ohne dass es ein nachhaltiges, organisches Wachstum einer lokalen Community mit Verantwortung für die Pflege der Daten in ihrem Gebiet gibt.
  • Die Entwickungen im und um das Proket herum auf der Daten-Nutzer-Seite (insbesondere bei Karten) sind oft recht selbstbezogen und interessieren sich oft wenig für Entwickungen in anderen Teilen der Welt der Geodaten-Verarbeitung/Kartographie und sind deshalb oft intellektuell/technologisch nicht mehr führend. Es mangelt an Austausch mit Forschung und Entwicklung zu Geodaten und Kartographie außerhalb des OSM-Kontexts.
  • Tagging-Konzepte und Konventionen in OpenStreetMap entwickeln und verändern sich nur sehr träge und dieser Trend verstärkt sich zunehmend mit weiterem Wachstum des Projektes. Diese Trägkeit transportiert oft auch ein erhebliches Element kultureller und geographischer Einseitigkeit, welche die Daten-Erfassung in den Teilen der Welt erschweren, welche sich erheblich von den Regionen, wo das Projekt entstanden ist (Großbritannien und Mitteleuropa) unterscheiden.
  • In der OSM-Community fehlt derzeit ein ausreichend breites Spektrum von Karten-Design-Projekten, um die geographische Vielfalt, die das Projekt abdeckt, angemessen zu repräsentieren.
  • Es fehlt derzeit die Fähigkeit, organisierte, nicht individuelle Aktivitäten im Projekt effektiv zu regulieren.
  • Es wird derzeit ein erheblicher Anteil von Daten in der OSM-Datenbank gepflegt, welche nicht mit dem Prinzip der Überprüfbarkeit übereinstimmen und welche unter der Paradigma des Projektes nicht gepflegt werden können, was oft zu Konflikten führt.
  • Unsere Fähigkeit, lokale Mapper zu rekrutieren und zu motivieren variiert sehr stark zwischen verschiedenen Teilen der Welt und zwischen verschiedenen sozialen Gruppen.
  • Die Kommunikationskultur zwischen verschiedenen lokalen Gemeinschaften in OSM über Sprachgrenzen hinweg müsste dringend verbessert werden.
  • Technisch weist das OSM-Datenmodell einige erhebliche Schwächen auf, welche zu Skalierungs-Problemen mit dem Wachstum des Umfangs der Daten führen.
  • Es fällt dem Projekt schwer, umfangreichere technische Änderungen und Innovationen einzuführen aufgrund des Fehlens kompetenter Freiwilliger und einer gleichzeitigen Zunahme der Komplexität des technischen Umfelds.

Stärken der OSMF

  • Die OSMF hat erfolgreich eine erhebliche Zahl von kompetenten Freiwilligen für die zentralen Felder der Unterstützung von OpenStreetMap rekruitiert.
  • Die OSMF befindet sich in einer komfortablen und stabilen finanziellen Situation und muss sich derzeit um die Finanzierung ihrer Ausgaben keine Sorgen manchen.
  • Die technische Kern-Infrastruktur, die die OSMF dem Projet zur verfügung stellt, läuft seit langem trotz stetig steigender Anforderungen ohne große Probleme.
  • Die grundlegenden administrativen Funktionen der Organisation laufen recht glatt.

Schwächen der OSMF

  • Die Mitgliederstruktur der OSMF ist recht weit von einer proportionalen Abbildung der aktiven OSM-Community entfernt und dies verbessert sich nicht nennenswert.
  • Es gibt innerhalb der OSMF eine recht massive Dominanz der englischen Sprache und keine Kultur der Kommunikation in anderen Sprachen.
  • Die OSMF hängt derzeit langfristig finanziell von den Zuwendungen von Unternehmen ab (wenngleich das Vermögen einen komfortablen Puffer bietet, dies ohne akute Finanznöte zu ändern).
  • Das recht große Barvermögen der OSMF stellt einen großen Anreiz dar, dass sich die OSMF von der OSM-Community loslöst und sich von der Arbeit von Freiwilligen aus der Community unabhängig macht.
  • Der OSMF-Vorstand hat in der Vergangenheit oft eine geringen Fähigkeit gezeigt, konstruktive Entscheidungen zu fällen und zu implementieren.
  • Die meisten Arbeitsgruppen haben eine sehr geringe Rekruitierungs-Rate von neuen Freiwilligen und die OSMF hat ganz allgemein Schwierigkeiten, neue Freiwillige anzuziehen.
  • Es gibt in der OSMF sowohl im Vorstand als auch in den Arbeitsgruppen eine recht stark verwurzelte Arbeitskultur und Tradition, welche nicht auf der derzeitigen Arbeitskultur in der OSM-Community basiert, sondern in der eigenen Geschichte der OSMF.
  • Da die OSMF für alle als zahlende Mitglieder oder als Freiwillige in den Arbeitsgruppen offen steht, besteht eine erhebliche Möglichkeit für Einflüsse von außen, ohne dass ausgewählt werden kann, wessen Mitgliedschaft und Beiträge tatsächlich dem Projekt und seinen Zielen dienen.
  • Die OSMF verfügt nur über einen recht unvollständigen Satz interner Regeln und Richtlinien, insbesondere zur Rekruitierung von Freiwilligen, zur Handhabung von Interessenkonflikten, zu Transparenz und zur Dokumentation von Prozessen. Die Regeln, welche existieren (wie FOSS policy und board rules of order) werden oft nicht konsistent angewandt.

Diese Listen sind natürlich nicht nur subjektiv, sie sind auch sicherlich unvollständig. Dennoch denke ich, dass sie einen guten Überblick über einige der wichtigen Punkte bieten. Man beachte natürlich, dass sich diese auf die eingangs formulierten Ziele des Projektes beziehen. Jemand, der als Ziel von OpenStreetMap gerne schlicht und einfach die Sammlung nützlicher Geodaten sehen würde, wie es viele größere OSM-Datennutzer tun, wird diese Dinge deutlich anders sehen und würde zum Beispiel in der verteilten und dezentralen Struktur des Projektes eher eine Schwäche erkennen.

Chancen und Risiken

Die Stärken und Schwächen sind bedeutend, wenn man die Widerstandsfähigkeit des Projektes gegen Bedrohungen beurteilen möchte und ich werde später darauf zurück kommen. Aber um eine Idee von den Risiken, die dem Projekt möglicherweise drohen könnten, zu bekommen ist der Teil der Chancen und Risiken erst einmal wichtiger. Und hier muss ich ein Bild malen, um die Beziehungen zwischen dem OpenStreetMap-Projekt, der OSMF und ihrem Umfeld vernünftig darzustellen.

Chancen und Risiken für OpenStreetMap und die OSMF

Die Chancen sind hier in grün, die Risiken in rot dargestellt. Um das Schaubild nicht mit Text zu überfrachten, habe ich den recht kurz gehalten und werde ein paar Details dazu hier detaillierter erläutern.

Der größte Pfeil im Schaubild stellt die Chancen dar, die die Menschen der Welt für das OpenStreetMap-Projekt darstellen – das Potential für neue Mitwirkende von überall auf der Welt, ihr lokales Wissen und ihre Kompetenzen und Fähigkeiten sowie ihr Interesse an den Daten. Diese sind die Kern-Ressource und die Soziale Basis von OpenStreetMap.

Die größte Bedrohung für das Projekt – und ich mag hier die Bedeutung etwas übertreiben um einen Punkt zu machen – hab ich als von der OSMF kommend identifiziert. Viele werden vielleicht spontan annehmen, dass dies daher rührt, dass die OSMF die zentrale OSM-Datenbank verwaltet und dass OpenStreetMap ohne diese nicht mehr existieren würde. Das ist jedoch nur Punkt drei auf meiner Liste der Risiken. Die zentrale OSM-Datenbank ließe sich recht einfach anderswo duplizieren, sollte die OSMF aus irgendeinem Grund kompromittiert werden. Die zwei Dinge, über die die OSMF derzeit exklusive Kontrolle hat und die essentiell für OpenStreetMap sind, sind die Benutzer-Konten der Mapper und die Rechte an den OSM-Daten, die der OSMF über die contributor terms übertragen wurden. Das bedeutet, dass – sollte das OpenStreetMap-Projekt derzeit aus irgendeinem Grund vor die Notwendigkeit gestellt werden, ohne die OSMF weiter zu arbeiten, man neu mit den Benutzer-Konten anfangen müsste. Und wir wären nicht mehr in der Lage, in der Zukunft die Lizenz zu ändern, denn die Rechte an den Daten und damit das Recht, potentiell durch Abstimmung unter den aktiven Mappern diese Lizenz zu ändern, liegt bei der OSMF. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies tatsächlich passiert, ist möglicherweise recht gering, der potentielle Schaden jedoch extrem. Deshalb die hohe Einschätzung dieser Bedrohung.

Die größte Bedrohung für die OSMF und indirekt der wahrscheinlichste Grund für das Szenario, dass die OSMF für das OpenStreetMap-Projekt verloren gehen könnte, ist der Einfluss von Organisationen und Unternehmen auf die OSMF. Dieses Risiko, dem die OSMF ausgesetzt ist, ist in der letzten Zeit schon recht oft diskutiert worden im Zusammenhang mit verschiedenen Versuchen von Unternehmen auf verschiedenen Ebenen, Kontrolle über die OSMF zu erlangen.

Im Vergleich zu OpenStreetMap selbst stellt die OSMF ein vielversprechenderes Ziel der Einflussnahme durch Unternehmen dar, denn OpenStreetMap bietet durch seine dezentrale Natur nur eine recht kleine und schwer zu fassende Angriffsfläche für solche Versuche. Generell ist es für Unternehmen schwierig, in irgendeiner Art und Weise mit einem Projekt ohne zentrale Strukturen zu interagieren – was sowohl ein Nachteil ist für konstruktive und positive interaktionen als auch einVorteil, wenn es um bösartige Aktionen geht.

Schlussfolgerungen

Was lässt sich also an Handlungs-Empfehlungen in Bezug auf Risiken für das OpenStreetMap-Projekt ableiten und wie kann die OSMF helfen, die Risiken zu minimieren und die Widerstandsfähigkeit von OpenStreetMap zu erhöhen? Aus meiner Perspektive sind das vor allem die folgenden Punkte:

  • Das OpenStreetMap-Projekt vor den Risiken schützen, falls die OSMF aus irgendeinem Grund – wie zum Beispiel dadurch, dass bestimmte Interessenträger die Kontrolle über die Organisation erlangen – nicht mehr in der Lage ist, seine Funktion zur Unterstützung des Projektes und seiner Werte wahrzunehmen. Dies besteht im wesentlichen darin, die exklusive Kontrolle über bestimmte Schlüssel-Funktionen abzugeben, die die OSMF derzeit hat. Hierfür wären verschiedene Ansätze denkbar.
  • Die OSMF selbst vor bösartigen oder egoistischen Versuchen der Einflussnahme durch Unternehmen und Organisationen zu schützen, welche die OSMF entgegen der Interessen von OpenStreetMap beeinflussen wollen.
  • ernsthaft an den Schwächen der OSMF arbeiten, insbesondere an der Werbung neuer Mitglieder für eine ausgeglichenere und breitere Repräsentanz der aktiven, individuellen Mapper in der Community, die sich mit dem Projekt und seinen Werten identifizieren.
  • Die Implementation einer robusten und effektiven Regulierung organisierter Aktivitäten in OpenStreetMap dort wo sie die normalen, nicht organisierten Aktivitäten der Mapper und den sozialen Zusammenhalt im Projekt sowie das organische Wachstum lokaler Communities negativ beeinflussen.

Diese Empfehlungen basieren natürlich vor allem auf dem Blick auf die Seite der Risiken. Die identifizierten Chancen bieten natürlich auch das Potential, die Widerstandsfähigkeit des Projektes zu verbessern. Eine Verstärkung und Ausweitung der positiven Unterstützung für das Projekt durch die OSMF birgt jedoch gleichzeitig immer auch die Gefahr neuer Risiken oder davon, dass die kulturelle Unausgeglichenheit in der OSMF auf das Projekt projiziert wird. Die erstrebenswerteste Strategie ist es deshalb, die OSM-Community zu befähigen, besseren Nutzen aus ihren eigenen Chancen unabhängig von der OSMF zu ziehen, insbesondere was die Werbung neuer Mitwirkender im Projekt angeht. Der Schlüssel dabei liegt jedoch auch darin, dabei aktiv die Werte und Grundprinzipien von OpenStreetMap zu kommunizieren – etwas, was in der Vergangenheit unglücklicherweise oft vernachlässigt wurde aus der Motivation heraus, sich für alle Menschen offen zu präsentieren. OpenStreetMap sollte zwar offen und einladend zu Menschen mir so gut wie jedem persönlichen oder kulturellen Hintergrund sein, es hilft jedoch nicht, vorzugeben, dass die Annahme und Unterstützung der Kernwerte und Ziele des Projektes nicht Voraussetzung für ein Engagement bei OpenStreetMap ist, denn die Anwerbung von Leuten, welche diese Werte und Ziele ablehnen, führt letztendlich nur zu Konflikten und stellt auch ein erhebliches Risiko für OpenStreetMap dar.

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