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Sonnenreflexionen auf Wasserflächen

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Kürzlich erwähnte ich den Effekt von Sonnenreflexionen auf Wasserflächen in Satellitenbildern („sun glint“) und ich möchte hier dieses Thema ein bisschen näher erläutern.

„sun glint“ ist ein weitverbreitetes Phänomen in Satellitenbildern – es handelt sich dabei im Grunde um Spiegelungen der Sonne auf Wasserflächen. Im Grunde das selbe wie wenn man eine Reflexion der Sonne auf einer gekrümmten Glasfläche sieht.

Aus der Perspektive eines Erdbeobachtungs-Satelliten in sonnensynchronem Orbit mit einem Vormittags-Zeitfenster (hierzu zählen sowohl Landsat als auch Sentinel-2) sieht das so aus:

Dieses Bild zeigt die Aufnahmen eines einzelnen Tages von der Terra-MODIS-Kamera von einem Tag im Mai diesen Jahres. Man erkennt die verschiedenen Umläufe des Satelliten, jeder überquert den Äquator zur selben lokalen Zeit, und die kleinen Lücken dazwischen. Da der Satellit eine Vormittags-Ansicht aufnimmt, steht die Sonne im Osten und die Reflexion der Sonne ist folglich gegenüber der Mitte des Bildstreifen leicht nach Osten verschoben. Höher auflösende Satelliten wie Landsat und Sentinel-2 nehmen nun ein kleineres Sichtfeld auf, so dass Sonnenreflexionen üblicherweise als heller Schleier mit von Westen nach Osten zunehmender Intensität zu sehen ist. Hier ein Beispiel von Sentinel-2:

Und hier eines von Landsat 8:

Da Sentinel-2 ein breiteres Blickfeld hat als Landsat und auch einen etwas späteren Aufnahme-Zeitpunkt (10:30 am Äquator im Vergleich zu 10:11) sind die Sonnenreflexionen und ihre Variabilität über das Bild im Durchschnitt deutlich stärker ausgeprägt als bei Landsat. Die langgestreckte Form der Sonnenreflexionen in Flugrichtung rührt von der Art und Weise her, wie der Satellit die Bilder aufzeichnet, indem er Linien senkrecht zur Flugrichtung abtastet. Der Winkel zwischen der Blickrichtung und der Erdoberfläche variiert deutlich entlang dieser Linien, wird jedoch nicht vorwärts oder rückwärts in Bezug auf die Flugrichtung geneigt, so dass die Reflexion stark senkrecht zur Flugrichtung schwankt durch die Rotation der Blickrichtung über das Sichtfeld, sich in Flugrichtung jedoch sehr viel langsamer verändert durch die Änderung der Orientierung der Erdoberfläche zur Sonne.

Da der „sun glint“-Effekt durch die Blick-Geometrie wie beschrieben beeinflusst wird, führt er auch oft zu starker Streifenbildung durch die Aufteilung der Bildsensoren in verschiedenen Module, wie sie bei den meisten neueren Erdbeobachtungs-Satelliten praktiziert wird. Jedes dieser Sensor-Module blickt entweder leicht vorwärts oder rückwärts und unterliegt dadurch etwas anders den Sonnenreflexionen. Hier ein Beispiel dafür von Sentinel-2.

Das erste Beispiel von den Kanarischen Inseln zeigt übrigens keine sichtbaren Streifen weil es etwa beim Maximum der Sonnenreflexion aufgenommen wurde und deshalb die vorwärts und rückwärts blickenden Sensor-Module in etwa dem selben Maß dem Effekt des „sun glint“ unterliegen.

Sonnenreflexionen sind jeweils am stärksten in den Breiten wo die Sonne abhängig von den Jahreszeiten am höchsten steht. Nördlich und südlich hiervon wird der Effekt schwächer. In der Mitte des Sommers lässt sich das Phänomen bei Landsat bis etwa 50 Grad Breite beobachten, bei Sentinel-2 noch etwas weiter. Entsprechend kann man im Winter auch bei niedrigeren Breiten Bilder ohne Beeinträchtigung durch Sonnen-Reflexe bekommen.

Da dieses Phänomen durch eine recht einfache geometrische Konstellation verursacht wird, sollte man meinen, dass sich das recht einfach kompensieren lässt. In der Praxis funktioniert dies jedoch kaum denn:

  • die Intensität und Eigenschaften der Sonnenreflexionen hängen stark von der Struktur der Wasseroberfläche ab, also vom Wellengang. Das gute daran ist, dass man als Nebeneffekt den Seegang recht gut auf Bildern mit starken Reflexen beobachten kann – wie zum Beispiel im Landsat-Beispiel oben zu sehen.
  • Wasser ist von oben betrachtet im Allgemeinen recht dunkel, insbesondere tiefe und klare Gewässer, so dass spiegelnde Sonnenreflexionen das eigentliche Reflexionssignal überstrahlen so dass selbst wenn man dies gut raus rechnen könnte das eigentliche Messsignal im Rauschen der spiegelnden Reflexion untergehen würde.

Generell wird „sun glint“ üblicherweise als unerwünschter Effekt angesehen, jedoch nicht wirklich als qualitatives Defizit wie Wolken. Praktisch ist dies einer der Hauptgründe, weshalb man nur selten Satellitenbild-Produkte sieht, welche größere Wasserflächen bei niedrigen geographischen Breiten mit abdecken, denn es ist sehr schwer, diese in Anwesenheit von Sonnenreflexen gleichmäßig darzustellen.

Sie mögen sich fragen, wie unter diesen Umständen die „Green Marble“ das Meer ohne sichtbare Sonnenreflexe zeigt. Dies wird dadurch ermöglicht, dass das breite Sichtfeld des MODIS-Instruments genügend Daten liefert, welche weit genug vom Bereich des „sun glint“ entfernt sind und diese Daten werden zur Bestimmung der Farbe in diesen Bereichen verwendet. Auch dies ist jedoch nicht ohne Probleme, denn wie Sie vermutlich von der Betrachtung von Wasserflächen vom Ufer aus wissen, nimmt die spiegelnde Reflexion an der Oberfläche mit flacherem Winkel zu – so hat man zwar eventuell weniger Reflexion der Sonne, auf der anderen Seite jedoch eine stärkere Reflexion des Himmelslichts.

Beim Umgang mit Sonnenreflexionen in Satellitenbildern könnte helfen, wenn diese Polarisations-Informationen aufzeichnen würden. Spiegelnde Reflexionen polarisieren das Licht schließlich. Die meisten Erdbeobachtung-Satelliten tun dies jedoch im Moment nicht.

Ein paar zusätzliche Informationen zum Thema „sun glint“ und Literaturlinks finden sich hier.

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