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Wie viele Wolken sind in wolkenfreien Bildern?

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Wolken gehören zu optischen Satellitenbildern genauso wie Mist zu Pferden gehört – beide Dinge sind jeweils unausweichlich miteinander verbunden und dennoch bevorzugen wir Letzteres ohne Ersteres und stecken eine Menge Aufwand darin, beide Dinge zu trennen.

Und obwohl Wolken in Satellitenbildern natürlich eine ganz eigene Ästhetik bieten können und in einigen Fällen sogar der Grund sind, weshalb man Bilder aufnimmt (nämlich bei Wettersatelliten) zeichnet sich das ideale Satellitenbild im Allgemeinen durch die Abwesentheit von Wolken aus und deren Präsenz gilt als unerwünschte Störung. Wenn also Satellitenbilder zusammengestellt werden, insbesondere für Visualisierungs-Zwecke, ist das Vermeiden von sichtbaren Spuren von Wolken im Allgemeinen ein Ziel und selbst ein nur sehr seltenes Auftreten von solchen Spuren erscheint als deutliches Defizit. Die meisten Satellitenbild-Produkte, die man an verschiedenen Stellen findet, sind entweder mit dem expliziten Anspruch der Freiheit von Wolken produziert oder zumindest mit einem impliziten Anspruch in dieser Richtung.

Wie erfolgreich sind jedoch diese Versuche zur Vermeidung und Eliminierung von Wolken in der Realität? Interessanterweise habe ich noch nie harte Zahlen dazu gefunden, weshalb ich hier mal einen Blick darauf werfen möchte.

Zu jedem beliebigen Zeitpunkt ist mehr als die Hälfte der Erdoberfläche mit Wolken bedeckt. Lokal variiert dies jeweils stark über den Verlauf des Tages mit an Land einem Minimum am Vormittag. Da die meisten Erdbeobachtungssatelliten Vormittagsbilder aufnehmen und Wolken über Land auch generell seltener sind als über dem Meer, liegt die durchschnittliche Wolkenbedeckung bei ohne wetterbezogene Optimierung aufgenommenen Satellitenbildern vermutlich bei etwa 40 Prozent. Durch eine Optimierung der Aufnahmeplanung lässt sich dies weiter verbessern – die durchschnittliche Wolkenbedeckung in Landsat-8-Bildern gemessen mit automatischer Wolkenerkennung liegt bei etwa 34 Prozent. Wobei man fairerweise sagen muss, dass diese Bilder global nicht völlig gleichmäßig verteilt sind.

Das Satellitenbild-Produkt mit der vermutlich breitesten Verwendung ist die Blue Marble next generation, welche ich hier auch schon einige Mal erwähnt habe. Dieses Bild ist mit dem klaren Ziel der Wolkenfreiheit produziert worden, jedoch räumen die Produzenten offen ein, dass dies nicht vollständig erfolgreich war. Wenn ich zum Beispiel auf die Juli-Version schaue und ein bisschen Pixel zähle, komme ich auf etwa 75000 Pixel im Bild, welche ich als deutlich durch Wolken beeinträchtigt bezeichnen würde. Durch die Art und Weise, wie diese Bilder produziert wurden, sind dies entweder sehr helle Stellen oder Gebiete mit sehr starkem Rauschen, worunter kaum echte Farbinformationen zu erkennen sind. Dies bedeutet, dass etwa einer in 50000 Pixeln in diesen Bildern stark wolkenbeeinträchtigt ist.

Mein eigenes globales Mosaik, die „Green Marble“, wird als 100% wolkenfrei beworben. Wenn überhaupt kann man dort nur an wenigen Stellen ein geringfügig stärkeres Rauschen aufgrund von Wolken beobachten. Konservativ betrachtet würde ich sagen, dass weniger als einer in einer Millionen Pixeln hier stark wolkenbeeinträchtigt ist.

Diese Zahlen mit anderen Satellitenbild-Zusammenstellungen zu vergleichen ist etwas problematisch, denn die meisten Bilder weisen keine wirklich globale Abdeckung auf und die Schwierigkeit Wolken zu vermeiden und zu entfernen variiert sehr stark je nachdem wo auf der Erde man schaut. Trotzdem hier ein Blick auf Bildzusammenstellungen mit einer nahezu globalen Abdeckung von mehr als 2/3 der Landflächen.

Am anderen Ende der Skala in Bezug auf Wolkenfreiheit befinden sich die alten Landsat-Zusammenstellungen auf Grundlage von Bildern von 1999-2003 wo Wolken ausschließlich über die Auswahl möglichst wolkenarmer Bilder reduziert wurden. Diese Mosaike werden nach wie vor von vielen Kartendiensten verwendet wie von Bing, Mapbox, Esri and Yandex bei mittleren Zoomstufen. Wie viele Wolken in diesen Bildern vorhanden sind hängt etwas von der konkreten Szenen-Auswahl ab, jedoch würde ich schätzen, dass der globale Gesamtanteil von stark wolkenbeeinträchtigten Pixeln nicht besser ist als etwa einer in 2000 Pixeln. Dies ist durch die sehr großen Unterschiede nur schlecht genau zu bestimmen, in den Tropen kann der Wert bei bis zu einem in 10 Pixeln liegen.

Das einzige andere fast globale Landsat-Mosaik mit breiter Verwendung ist das von mir bei der Einführung analysierte Google-Mosaik. Was Wolken betrifft ist dies ziemlich gut wenngleich wolkenbedingte Artefakte sich oft schlecht von anderen Fehlern unterscheiden lassen. Ich würde dies etwas auf dem selben Niveau einschätzen wie die Blue Marble next generation.

Dann gibt es noch den Mapbox „Cloudless Atlas“, wo die Wolkenfreiheit schon im Namen steht. Dieses Bild ist bezüglich Wolken auch recht gut, jedoch klar schlechter als die BMNG – ich würde es auf etwa einen in 20000 Pixeln schätzen.

Zum Vergleich hier alle Einschätzungen in einer Tabelle:

Bild Datum Auflösung [m] inverser Wolkenanteil
Green Marble 2011-2013 250 >1M
BMNG 2004 500 ~50k
Google Landsat-Mosaik 2004-2013 15 ~50k
Mapbox Cloudless Atlas 2012 250 ~20k
klassische Landsat-Mosaike 1999-2003 15 <2000
Original-Satellitenbilder beliebig beliebig ~2.5-3

Wo stehen in dieser Hinsicht meine eigenen lokalen Landsat-Zusammenstellungen? Mein Ziel ist ein Wolkenanteil von nicht schlechter als einem in 100k Pixeln mit deutlicher Beeinträchtigung durch Wolken. Die tatsächliche Wolken-Häufigkeit ist vermutlich oft noch deutlich geringer, jedoch schwierig genau zu bestimmen, denn bei so geringen Anteilen Wolkenpixel zu zählen ist etwa der selbe Aufwand wie sie zu entfernen. Bei den verbliebenen Wolken handelt es sich gewöhnlich entweder um Gebirgsregionen mit Schnee oder um sehr kleine Quellwolken über relativ flachem Land. Beide Fälle sind sowohl mit automatischen Methoden also auch per Hand oft nur schwer zuverlässig zu erkennen.

Aber natürlich sind Wolken nur einer von vielen Aspekten der Qualität von Satellitenbild-Zusammenstellungen. Es ist keine gute Idee sich hier zu stark an einzelnen Zahlen festzuhalten. Aber dennoch ist es gut, die ungefähren Anteile zu kennen.

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