Vor dem Beginn des Zeitalters digitaler Karten wurden Flächen mit einer bestimmten Bedeutung in Landkarten fast immer durch irgendein Muster dargestellt. Die für Kartern verwendeten Druckverfahren waren meist relativ hochauflösend, jedoch üblicherweise nur schwarzweiß oder mit nur begrenzten Möglichkeiten zur Farbwiedergabe. Man konnten dadurch eine Menge an Informationen über die Verwendung von Mustern transportieren während Abstufungen bei den Farben meistens nicht möglich waren.
Im Laufe der Zeit hat sich die Verwendung von Mustern zu einer komlexen Kunst entwickelt, wobei diese oft dazu dienten, im Groben ein Gebiet zu charakterisieren und gleichzeitig Nuancen in der Ausgestaltung des Musters dazu verwendet wurden, zusätzliche Detailinformationen zu liefern, welche über die grundsätzliche Charakterisierung hinausgehen. Jerry hat dies kürzlich in Bezug auf die Darstellung von Waldflächen recht detailliert diskutiert. Ein weiteres bekanntes Beispiel ist die Darstellung von Fels sowie Schutt- und Geröllflächen in den topographischen Karten der Schweiz.
Heute bekommen die meisten produzierten Karten niemals die Tinte eines Druckers zu Gesicht und Bildschirme können Millionen unterschiedlicher Farben darstellen. Farben sind deshalb en vogue und Muster weitgehend aus der Mode. Dies hat jedoch nicht nur technische und wirschaftliche Gründe – die Informationsdichte in Karten nimmt auch im Allgemeinen ab. Bei digitalen Karten kann man einfach zwischen verschiedenen spezialisierten Darstellungen wechseln, wodurch es nicht notwendig ist, alle Informationen in einer einzelnen Karte unterzubringen. Und die Produktion einer Karte mit hoher Informationsdichte die gleichzeitig noch gut lesbar ist, ist schwierig und aufwendig. Wenn man auschließlich Farben für die Differenzierung von Flächen verwendet ist die Vereinfachung auch eine technische Notwendigkeit, denn trotz der Fähigkeit der Darstellungsmedien, viele verschiedene Farben wiederzugeben, ist die menschliche Wahrnehmung nur zur Erkennung und Differenzierung recht weniger Farbtöne in der Lage – subtile Farbunterschiede wirken recht schnell verwirrend.
In OpenStreetMap
OpenStreetMap ist hier ein bisschen eine Ausnahme – viele OpenStreetMap-Kartenstile sind für heutige Verhältnisse recht reich und dicht gefüllt mit Informationen – zu erheblichem Teil, weil die OSM-Mapper natürlich die Ergebnisse ihrer Arbeit auch in den Karten sehen möchten. Hierzu werden oft auch Flächenmuster eingesetzt. Ich werde hier einen etwas detaillierteren Blick auf die aktuelle Praxis der Musterverwendung in OSM-Karten werfen und ein paar Möglichkeiten zeigen, wie diese verbessert werden kann.
Praktisch generell werden in OpenStreetMap-Karten statische Muster verwendet, also Muster, die nicht lokal variiert werden, um über die generelle Charakterisierung der Fläche hinaus Detailinformationen zu transportieren. Es ist unwahrscheinlich, dass sich dies in dynamisch berechneten Karten bald ändern wird, wenngleich es hierzu durchaus Ansätze gäbe – mehr dazu später.
Über dies hinaus werden in den meisten Karten regelmäßige geometrische Anordnungen verwendet, bei denen die Symbole des Musters in einem regelmäßigen Gitter angeordnet sind. Hier ein paar Beispiele aus dem Standardstil von openstreetmap.org:
In anderen Karten gibt es gelegentlich Variationen bei der Symbolgröße oder abwechselnde Verwendung verschiedener Symbole – oft zum Beispiel bei Mischwald:
Etwas andere Muster finden sich manchmal bei nicht bewachsenen Flächen wie hier bei Gletschern in OpenMapSurfer (ohne sichtbare Periodizität aber mit deutlicher Anisotropie) und dem Geröll-Muster bei der Thunderforest Landscape-Karte (Textur mit zufälliger Punktanordnung anscheinend in 64×64 Pixel Größe):
Der Wert der Unregelmäßigkeit
Was zeigen und diese Beispiele? Zunächst einmal, dass ein regelmäßiges Gitter für natürliche Flächen wie Wald oder Strand nicht gut geeignet ist. Obwohl Karten abstrakte Darstellungen der Realität sind, basiert unser Verständnis beim Lesen von Karten oft zu erheblichem Teil auf Assoziationen, die wir zwischen dem Erscheinungsbild in der Realität und der Karte herstellen. Das ist der Grund, weshalb Wälder bei der Verwendung von Farben fast immer Grün und Wasserflächen fast immer Blau dargestellt werden. Das gleich gilt dann auch für Muster und für eine Fläche, die in der Natur keine regelmäßige Gitterstruktur aufweist, erwarten wir dies auch in der Karte nicht. Wir können uns zwar an eine solche Darstellung gewöhnen, jedoch nicht auf Basis von intuitivem Verständnis.
Die offensichtliche Alternative zu einem regelmäßigem Gitter ist ein zufälliges Muster. Das ist im Grunde auch die Grundlage der letzten oben gezeigten beiden Beispiele – in beiden Fällen mit deutlichen praktischen Problemen. Das wirkliche Problem dabei ist jedoch, dass echte Zufälligkeit auch nicht optimal ist. Natürliche Strukturen sind gewöhnliche deutlich weniger zufällig, als dies auf den ersten Blick erscheint. Bäume wachsen im Wald nicht an zufällig verteilten Positionen, selbst wenn sie nicht angeplanzt wurden.
Man hat also auf der einen Seite ein regelmäßiges Gitter, auf der anderen Seite eine vollständig zufällige Anordnung. Was nun häufig gemacht wird ist eine Mischung von beidem in Form einer zufällig variierten Gitteranordnung. Dies ist praktisch, weil einfach zu implementieren und schnell zu erzeugen und man kann das Ausmaß der Zufälligkeit steuern. Trotzdem ist das Ergebnis am Ende ein fauler Kompromiss zwischen zwei Extremen, welche beide nicht wünschenswert sind.
Bei kritischem Blick auf die ersten drei Beispielbilder am Anfang des Textes von klassischen, handgefertigten Karten kann man erkennen, das die Muster dort weder ein regelmäßiges Gitter noch eine zufällige Variation davon sind. Man kann die dort zu sehenden Anordnungen am besten als unregelmäßig aber gleichmäßig beschreiben. Sie sind unregelmäßig, da sie sich nicht periodisch wiederholen und auf keiner starren mathematischen Regel basieren und sie sind gleichmäßig, da die Eigenschaften der Anordnung wie die Dichte der Symbole konstanter sind, als bei einem zufälligem Muster.
Warum ist ein solches Muster für die Darstellung von Vorteil gegenüber einer zufälligen Anordnung? Weil es mehr den natürlichen Strukturen ähnelt, die es darstellen soll und weil die Anordnung in der Karte weniger störend und besser erkennbar ist.
Ich habe ein kleines Werkzeug bereitgestellt, mit welchem man diese Art von Muster mit periodischen Randbedingungen für die Verwendung in Kartendarstellungen erzeugen kann. Dieses Programm läuft im Webbrowser und erzeugt SVG-Dateien. Der Quellcode ist auf github verfügbar falls jemand das modifizieren möchte. Hier einige Beispiel-Ergebnisse:
Die Ränder
Ein Problem, welches hierdurch nicht gelöst wird, erzeugen die Ränder der Flächen, für die man das Muster verwendet. Üblicherweise wird das Muster hier abgeschnitten, wo notwendig quer durch die einzelnen Symbole hindurch. Da dies nicht so gut aussieht, kann man auf die Idee kommen, die Symbole zu entfernen, welche den Rand berühren – technisch kann dies etwas schwierig sein, machbar ist es jedoch. Eine solche Herangehensweise bewirkt jedoch, dass das Muster an den Rändern ausgedünnt wird, denn es werden dort ja einzelne Symbole entfernt. Dies kann in Fällen, wo das dargestellte Gebiet sowieso eigentlich keine scharfe Grenze aufweist, wünschenswert sein, wenn die Grenze allerdings deutlich sichtbar sein soll, ist dies eher von Nachteil. Schaut man noch einmal auf die anfänglichen Beispiele handproduzierter Muster, sieht man, dass die Muster zum Rand der Flächen oft verdichtet sind. So etwas ist in einem automatischen Darstellungssystem nicht so einfach nachzubilden, ohne das Muster für jede Flächen individuell zu erzeugen. Ein möglicher Ansatz hier wäre jedoch ein progressives Muster. Ein solches enthält neben den normalen Symbolpositionen für eine niedrige Symboldichte zusätzliche Positionen an Zwischenplätzen, die nur dort verwendet werden, wo eine höhere Dichte benötigt wird. Auch wenn das Ergebnis hiermit nicht so gut wird wie mit einem individuell erzeugten Muster, kann dies bei der Darstellung wohldefinierter Ränder nützlich sein.