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Über die Genauigkeit von Satellitenbildern

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Das wird jetzt kein philosophischer Text über die Vorzüge von Kartierung vor Ort im Vergleich zur Fernerfassung auf Grundlage von Bildern, mit Genauigkeit meine ich hier die einfache Positionsgenauigkeit der Pixel, nicht deren inhaltliche Bedeutung.

Viele Leute machen sich bei der Nutzung von Satellitenbildern Gedanken über dieses Thema, wenn man hierzu jedoch etwas detaillierter recherchiert, findet man nur sehr wenig belastbare Daten. Die Antwort auf die Frage läuft fast immer auf ein das hängt von den Umständen ab hinaus.

Ein bisschen Hintergrundinformation dazu – fast alle Satellitenbilder, mit denen man heute üblicherweise arbeitet, werden von Satelliten in einer polaren Umlaufbahn von etwa 700km Höhe aufgenommen. Die Bilder haben eine Breite von von etwa zehn bis ein paar hundert Kilometern. In Maßstäben von normalen Kameras betrachtet entspricht das einem Teleobjektiv, jedoch meist keinem extrem langem. Wie genau dem Satellitenbetreiber bekannt ist, in welche Richtung der Satellit schaut, variiert. Dies hat sich zwar in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert, meist ist es dennoch nicht genau genug.

Wenn der Satellit bei der Aufnahme gerade nach unten schaut, man sich nur auf den Bereich nahe der Mitte des Bildes konzentriert und die Blickrichtung mit einer deutlich besseren Genauigkeit bekannt ist als der Auflösung des Satellitensensors, ist die Sache klar, man hat ein perfekt ausgerichtetes Bild. Aber das ist fast nie der Fall.

Das erste und bedeutendste Problem liegt darin, dass hochauflösende Satelliten mit üblicherweise recht schmalem Sichtfeld fast nie direkt nach unten schauen und Satelliten mit geringerer Auflösung meist ein recht breites Sichtfeld haben. Das bedeutet, dass ein erheblicher Winkel zwischen der Blickrichtung und der Orientierung der Erdoberfläche besteht. Bei Landsat mit einem 190km breiten Sichtfeld ergibt sich an den Rändern ein Winkel von mehr als 8 Grad und der Blickwinkel von hochauflösende Satelliten ist oft noch deutlich größer. Das bedeutet, dass selbst wenn die Blickrichtung präzise bekannt ist man immer noch nicht weiß, wo genau auf der Erdoberfläche man hinschaut, wenn man nicht weiß, wo genau sich die Erdoberfläche befindet. Deshalb werden Satellitenbilder üblicherweise mit Hilfe topographischer Daten korrigiert.

So lange der Blickwinkel relativ klein ist, machen sich Fehler in den bei dieser Korrektur verwendeten Höhendaten nicht sehr stark bemerkbar. Aber man sollte dabei im Hinterkopf behalten, dass zum Beispiel die Höhenwerte bei den SRTM-Daten im Gebirge oft um mehr als 100m abweichen, von den Datenlücken, welche man mit weniger genauen Daten füllt, ganz zu schweigen. Aus diesem Grund wird man im Einzelfall kaum verlässliche Informationen zur Genauigkeit von reliefkorrigierten Satellitenbildern erhalten.

In einem perfekt flachen Gebiet ist das Ganze natürlich kein Problem und man muss sich eher mit der Genauigkeit der Blickrichtung befassen. Um diese zu verbessern ist der übliche Ansatz, mit Referenzpunkten mit präzise bekannten Koordinaten zu arbeiten und dazu passenden Referenzbildern zum Ausrichten. Auf diesem Wege kann man generelle Verschiebungen in der Position eines Bildes gut korrigieren.

Im Idealfall werden beide Methoden kombiniert (die Reliefkorrektur und die Korrektur über Referenzpunkte). Bei Landsat-Bildern gibt es damit zum Beispiel drei verschiedene Bearbeitungsarten:

  • Level-1G basiert ausschließlich auf den bekannten Daten zur Satellitenposition und Blickrichtung. Die Genauigkeit dieser Bilder hängt sehr vom Satelliten ab. Bei Landsat 5 ergeben sich teils Abweichungen von mehreren hundert Metern, bei Landsat 8 stimmt die Position meist auf weniger als 50m, oft auch deutlich besser.
  • Level-1Gst kombiniert dies mit Reliefkorrektur, was die Genauigkeit im Vergleich zu Level-1G am Rand der Bilder verbessert. Dies ist die Standard-Bearbeitung bei allen Landsat-8-Bildern wo keine Referenzpunkte verfügbar sind oder wo diese nicht verwendet werden können (zum Beispiel aufgrund von Wolkenbedeckung).
  • Level-1T verwendet Referenzpunkte für zusätzliche Genauigkeit. Diese sind nur in einer begrenzten Zahl von WRS2-Kacheln verfügbar.

Um zu zeigen, wie sich diese Zusammenhänge in der Praxis auswirken hier ein Beispiel aus meinen kürzlich vorgestellten Bildern zur Erfassung in OpenStreetMap:

Dies ist das Rwenzori-Gebirge in Ostafrika als Falschfarben-Infrarot-Bild. Das Gebiet wird in Bing auch zum Teil durch höher aufgelöste Bilder von DigitalGlobe abgedeckt:

Es gibt in OpenStreetMap nur wenige Daten, die bei der Ausrichtung der Bilder helfen könnten. Was wir jedoch wissen ist, dass die verwendete Landsat-Szene (LC81730602015040LGN00) Level1T-korrigiert ist (in den Metadaten als L1T zu erkennen), dass das Gebirge nur leicht östlich der Bildmitte liegt, so dass die Blickrichtung nahezu vertikal ist und dass es einen systematischen Langeunterschied zwischen dem Bing- und dem Landsat-Bild von etwa 50m gibt (stellt man den Offset des Landsat-Bildes in JOSM auf ‘32.5;32.5’ ein, kompensiert dies den Unterschied recht gut in Bezug auf die diversen keineren Seen im Bild).

Nach dieser Maßnahme sieht man im Vergleich deutlich, dass die höchsten Berge nicht gut übereinstimmen, hier besteht zwischen dem Bing- und Landsat-Bild eine Abweichung von etwa 200m. Ich weiß nicht, wie genau die Position des Margherita Peak (das ist der höchste Gipfel des Gebirges) in OSM ist, sie passt jedoch gut zum Landsat-Bild, während sie bei Bing ein ganzes Stück unterhalb am östlichen Hang liegt:

Bei dem mit Hilfe von Reliefdaten und Referenzpunkte korrigierten Landsat-Bild ist ein Lagefehler von etwa 50m recht plausibel – der relativ hohe Wert kann ggf. durch recht ungenaue Referenzpunkte in der Region begründet sein. Da sich die Berge nahe der Mitte der Satelliten-Flugbahn befinden, hat das Relief nur wenig Auswirkungen auf die Genauigkeit. Selbst wenn die Höhendaten Fehler von mehr als 500m aufweisen würde das nicht mehr als ein paar Meter Verschiebung in der Horizontalen bedeuten und ist somit vernachlässigbar.

Auf der anderen Seite bedeutet dies, dass die Bing-Bilder – trotz höherer Auflösung – bei den Gipfeln recht weit daneben liegen. Das Bild ist vermutlich unter einem recht großen Winkel aufgenommen. In unbebauten Gebieten wo keine vertikalen Strukturen existieren, die als Indikator dienen können, ist dies nur schwer in einem Bild zu erkennen. Selbst wenn man ein solches Gebiet auf Basis genauer Referenzdaten in den Tälern ausrichtet erhält man im Bereich der Gipfel wie hier gezeigt immer noch große Abweichungen.

Man findet manchmal bei Satellitenbild-Anbietern Angaben von recht kleinen Lagefehlern, die vor diesem Hintergrund kaum plausibel erscheinen – das liegt daran, dass große Teile der Erde halt recht flach sind und diese Zahlen statistische Fehler angeben. Bei einem Fehler von weniger als 30m mit 90 Prozent Wahrscheinlichkeit im weltweiten Durchschnitt ist es immer noch möglich, dass in Gebirgen mit starken Reliefunterschieden Fehler von mehr als 500m an der Tagesordnung sind.

Tl;dr – Hochauflösende Satellitenbilder können oft deutlich ungenauer sein als welche mit niedrigerer Auflösung. Es gibt dafür keine generellen Regeln, entscheidend ist, die Details zu kennen, wie die Bilder aufgenommen und wie sie bearbeitet wurden.

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