Imagico.de

blog

Panorama des Doms von Münster

30. März 2025
von chris
Keine Kommentare

FOSSGIS 2025 – Eindrücke

Die letzten paar Tage war ich nach vielen Jahren mal wieder auf der FOSSGIS-Konferenz. Und ich möchte hier ein paar Eindrücke zu verschiedenen Themen teilen.

Schloss Münster

Vortrag

Ich hab auf der Konferenz einen Vortrag zur Satellitenbild-Bearbeitung präsentiert. Die Aufzeichnung kann man beim CCC sehen.

Die Folien wird der Verein wohl auch zeitnah veröffentlichen.

Satellitenbild-Themen, die über halbwegs standardisierte Analytik (wir extrahieren irgendwelche semantischen Informationen aus dem Bild und arbeiten dann damit) hinaus gehen, sind auf der FOSSGIS immer recht exotisch. Ich hab deshalb versucht, das Ganze genügend allgemeinverständlich aufzuziehen, wodurch man dann in 20 Minuten natürlich auch nicht in die Tiefe gehen kann. Der Vortrag war vor Ort gut besucht, das meiste Feedback kam allerdings zunächst – bei der FOSSGIS durchaus erwartbar – zu den von mir angemerkten Lücken ind den Fähigkeiten von FOSS-Tools.

Interessant ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass in Gesprächen wie auch in verschiedenen anderen Vorträgen klar wurde, wie sehr die Finanzierung von FOSS-Entwicklung an kurzfristigen unmittelbaren Bedarfen orientiert ist und wie – gerade auch im Bereich von Grundlagen-Werkzeugen wie GDAL – strategische Investitionen praktisch kaum stattfinden. Ich hatte das im Kontext von OpenStreetMap in Bezug auf Kartengestaltung schon öfters angemerkt. Mir war jedoch bis jetzt nicht klar, wie weit verbreitet dieses Phänomen im Bereich FOSS generell ist. Aber das ist durchaus nachvollziehbar. Wenn zum Beispiel die Firma Esri in die Entwicklung von GDAL investiert, dann tut Sie es ja nicht, um Konkurrenz zu ihren eigenen Produkten aufzubauen. Das Ziel dürfte viel mehr das selbe sein wie bei anderen Sponsoren: günstig recht kurzfristige unmittelbare Bedarfe für die eigenen Produkte und Dienstleistungen zu decken.

Vor dem Hintergrund ist meine Idee, dass es hier vielleicht Potential für eine wirtschaftlich tragfähige Zusammenarbeit zwischen Methoden-Entwicklung (das, was ich mache) und professioneller Open-Source-Software-Entwicklung geben könnte, die diese Methoden anderen Anwendern zugänglich macht, vielleicht etwas naiv. Denn so eine Zusammenarbeit würde natürlich ausschließlich vor dem Hintergrund einer strategischen Investition wirtschaftlich funktionieren.

Aus dem Vortrag Verarbeitung offener Satellitendaten mit freier Software für die visuelle Anwendung

Kartographie

Daneben habe ich auf der Konferenz eine Reihe von Veranstaltungen zum Thema Kartengestaltung mit QGIS angeschaut und habe dadurch interessante Einblicke in diese Welt der interaktiven Kartengestaltung gewonnen.

Zum Verständnis des Hintergrundes: Alle meine Arbeiten im Bereich der Karten-Gestaltung basieren auf einem nicht interaktiven Arbeits-Paradigma. Ich entwickle die Regeln der Gestaltung und der zugehörigen Daten-Verarbeitung in Form von Regelbeschreibungen in dafür geeigneten Sprachen (CartoCSS, PostgreSQL, diverse allgemeine Skript-Sprachen sowie strukturierte Dateiformate). Interaktive Arbeitsschritte spielen praktisch ausschließlich bei der Gestaltung von Bild-Symbolen eine Rolle. Diese Gestaltungs-Regeln werden dann auf generische Geodaten (in den meisten Fällen OpenStreetMap-Daten) angewandt.

Die Anwender von QGIS und ähnlichen Werkzeugen arbeiten jedoch völlig anders. Das dort übliche Arbeits-Paradigma basiert auf dem Ansatz der Digitalisierung der ersten Generation, wie er in vielen Arbeitsbereichen – wie auch in der Kartographie – stattgefunden hat: Man überführt die vor-digitalen Arbeits-Abläufe eins-zu-eins in interaktive digitale Schritte. Im Bereich der Kartographie hat man diesen Ansatz mittlerweile dahingehend weiter entwickelt, dass man – zumindest teilweise – auch regelbasiert arbeitet, dass also die interaktiv durchgeführten Bearbeitungsschritte bei geänderten Ausgangsdaten automatisiert auf diese anwenden kann. Die Regelentwicklung geschieht jedoch nach wie vor vollständig interaktiv über eine grafische Benutzer-Schnittstelle, man muss sich also seine Karten-Gestaltung zwingend per Maus zusammenklicken (oder alternativ: das Ganze komplett über eine Programmier-Schnittstelle steuern). Eine für menschliches Lesen und Schreiben konzipierte Repräsentation der Gestaltungs-Regeln in Textform scheint es nach wie vor nicht zu geben.

Aber es gibt natürlich auch jede Menge Überlappungen bei Problemen und Lösungen zwischen den beiden Ansätzen. Und es war interessant zu sehen, wo da im QGIS-Bereich gerade Schwerpunktmäßig gearbeitet wird.

Was ich bemerkenswert fand, war, wie groß unter QGIS-Anwendern anscheinend der Wunsch ist, alle Lösungen innerhalb von QGIS zu haben. Ein großes Thema schien zum Beispiel zu sein, Diagramme in Karten darzustellen und was für Diagramm-Typen und Darstellungs-Formen dafür innerhalb von QGIS verfügbar sind. Für mich als überzeugtem Anhänger der Unix-Philosophie erscheint das reichlich absurd. Es gibt bereits eine Menge gute und leistungsfähige Werkzeuge, um Diagramme zu erstellen – auch als Open Source. Weshalb braucht man also eine solche Funktion innerhalb von QGIS? Ich habe den Eindruck, hier spielt der Fokus auf die interaktive Bedienung eine große Rolle. Der Anwender will die Diagramme unbedingt – genau wie den Rest der Karte – interaktiv gestalten und möchte dies mit einer mit dem Rest von QGIS einheitlichen Benutzer-Schnittstelle tun. Auch das ließe sich natürlich auch mit externen Werkzeugen zur Diagramm-Erzeugung umsetzen, würde aber den Nutzen der Modularisierung entsprechend der Unix-Philosophie weitgehend negieren.

Jahres-Hauptversammlung des Vereins

Erwähnen möchte ich auch die Jahres-Hauptversammlung des FOSSGIS-Vereins. Wichtigster Punkt dabei war, dass der FOSSGIS von den Mitgliedern die Zustimmung einholen wollte (und erhielt), im Namen von OpenStreetMap Deutschland Geldmittel von OSM-Datennutzern einzuwerben – geplant in Form von sogenannten Förder-Mitgliedschaften im Verein ohne Stimmrecht.

Ich möchte das Thema selbst hier nicht vertiefend diskutieren – das ist vielleicht mal etwas für einen separaten Blog-Post. Interessant war jedoch, dass ich der einzige war, der nicht für den Antrag gestimmt hat. Und das obwohl es in der Versammlung durchaus kritische Fragen zu der Idee gab. Ich wurde nach der Versammlung von mehreren Leuten durchgehend sehr positiv darauf angesprochen – teils in der Form, dass sie mir Ihre eigene kritische Perspektive auf das Thema erläutert haben, teils aus aktivem Interesse an den Gründen meiner zurückhaltenden Haltung dazu. Dass ich keine negativen Kommentare dazu bekommen habe, kann natürlich auch einfach ghosting sein, ich möchte es hier jedoch trotzdem explizit erwähnen, falls dies anderen hilft, in solchen Fällen die Courage zu entwickeln, offen auch mal nicht mit der dominierenden Mehrheitsmeinung zu stimmen.

Die Entwicklung und Organisation der deutschsprachigen und der internationalen OSM-Community war natürlich auch sonst ein häufiges Thema der Unterhaltungen, die ich geführt habe. Dabei ist mir ein relativ starker Kontrast aufgefallen. Auf der einen Seite gab es Gespräche, die auf einem aktiven Interesse an vielfältigen Perspektiven auf die OSM-Community aufbauten – insbesondere mit verschiedenen Aktiven im FOSSGIS aus dem nicht-OSM-Bereich, die an einer Weiterentwicklung der sozialen Strukturen im Verein für eine bessere Integration der gesamten Vielfalt von Menschen, die der Verein repräsentieren möchte, interessiert sind.

Auf der anderen Seite habe ich aber auch Gespräche geführt, in denen eine kritische Perspektive auf bestehende Strukturen entweder generell grundheraus zurückgewiesen wurde oder mir die Berechtigung und die Qualifikation für eine kritische Perspektive als außen stehendem Betrachter abgesprochen wurde.

So weit eigentlich nicht verwunderlich und im Grunde auch erwartbar. Was ich jedoch schade finde, ist, dass es zwischen beidem kaum Zwischentöne zu geben scheint. Der Wert eines produktiven Diskurses entsteht ja gerade dadurch, dass man andersartige Sichtweisen und Argumente wohlwollend aufnimmt und sich dann kritisch mit ihnen auseinandersetzt.

Ich habe nicht den Eindruck, dass im FOSSGIS die wohlwollend offene und tolerante Haltung in der Breite der einzelnen Aktiven verloren geht – das habe ich denke ich mit den Schilderungen meiner Gespräche auf dieser Konferenz auch gezeigt. Aber ich sehe doch die Gefahr, dass gerade dort, wo kurzfristige wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund rücken, geschlossene Interessengruppen entstehen, die zunehmend eine kategorische Ablehnung gegenüber Sichtweisen und Ideen entwickeln, die diese Interessen vermeintlich gefährden.

Vortrags-Empfehlungen

Ich hab nur eine Auswahl von Vorträgen tatsächlich vor Ort gesehen – denn es gibt bei der FOSSGIS immer auch die sehr praktische und zuverlässige Möglichkeit, die Vorträge per Video später anzuschauen. Aus dieser Auswahl und aus verschiedenen Gesprächen mit anderen Besuchern hier eine Reihe von Empfehlungen:

Harald Hartmann: Wie können OpenStreetMap und QGIS einen Wegewart unterstützen?

Klingt jetzt vom Titel vielleicht nicht so reizvoll – war aber einer der wenigen OSM-Vorträge der Konferenz, der sich mit praktischen Fragen des gesellschaftlichen Nutzens und der gesellschaftlichen Integration von OpenStreetMap auseinandergesetzt hat, ohne dass da ein technischer oder wirtschaftlicher Schwerpunkt im Vordergrund stand.

Roland Olbricht: Kinder, Karten, Open Source

Ebenso wie Haralds Vortrag erfrischend nicht-technisch. Und behandelt ein wirklich wichtiges und interessantes Thema: Wie man Kinder an Konzepte von Karten und Geodaten (und Geographie) und ihren praktischen Nutzen heranführen kann. Was dem Vortrag fehlt, ist eine Betrachtung des umfangreichen Erfahrungsschatzes von kindgerechter Kartographie und Geographie-Didaktik für Kinder schon aus vor-digitalen Zeiten. Aber für einen ersten Einblick in das Thema und zur Bewusstseins-Schärfung sehr zu empfehlen.

Frederik Ramm: Overpass Turbo goes PostGIS

Nicht nur praktisch reizvoll, sondern auch eine schöne Demonstration, wie ein kleines FOSS-Projekt mit praktischem Nutzen gestartet werden kann. Wobei man natürlich auch kritisch anmerken sollte, dass man sich die Infrastruktur für eine solche Demo auch erst mal leisten können muss.

Falk Zscheile: Text und Data Mining in der OpenStreetMap-Datenbank aus rechtlicher Sicht

Hab den Vortrag selbst noch gar nicht gesehen, aber mit Falk über das Thema gesprochen. Über ein Teil-Thema aus dem Spektrum Urheber- und Datenbank-Recht, welches viele nicht auf dem Radar haben.

Panorama des Dom von Münster

14. März 2025
von chris
Keine Kommentare

Das Musaicum Vereinigte Staaten

Ich freue mich, erneut eine Erweiterung der Musaicum-Serie von Satellitenbild-Mosaiken vorstellen zu können.

Die Musaicum-Bilder sind eine Serie regionaler Satellitenbild-Zusammenstellungen auf Grundlage von Sentinel-2-Daten, welche ich 2023 begonnen habe und welche nach hohen Qualitäts-Standards produziert werden. Sie bieten eine unübertroffene Qualität in der farbigen Abbildung der Erdoberfläche in diesem Auflösungs-Bereich (10m) mit einem hohen Grad an farblicher Konsistenz bei außergewöhnlich geringem Wolkenanteil.

Das neu veröffentlichte Bild deckt die Vereinigten Staaten von Amerika ab – einschließlich Alaska, Hawaii und Puerto Rico.

Musaicum Vereinigte Staaten – Contiguous United States

Musaicum Vereinigte Staaten – Contiguous United States – click for larger version

Musaicum Vereinigte Staaten – Alaska

Musaicum Vereinigte Staaten – Alaska

Musaicum Vereinigte Staaten – Puerto Rico

Musaicum Vereinigte Staaten – Hawaii Musaicum Vereinigte Staaten – Hawaii/Puerto Rico

Damit wird die Palette der geografischen Umgebungen, für die das Musaicum-Verfahren angepasst und evaluiert wurde, erheblich erweitert. Dazu gehört insbesondere eines der schwierigsten Gebiete außerhalb der Tropen, was die wolkenfreie Bildzusammenstellung angeht – die Aleuten. Dementsprechend werden in einigen kleinen Teilen des Bildes deutlich ältere Daten verwendet (Gesamtspanne von 2016 bis 2024). Für den größten Teil des Abdeckungsgebiets werden jedoch ausschießlich Bilddaten aus den Jahren 2019-2024 genutzt. Die Farbkalibrierung und die Homogenität wurden im Vergleich zu den Mosaiken der zweiten Generation (Westasien und Nordatlantik-Inseln) weiter verbessert.

The Aleutian Islands

The Aleutian Islands

Wie bereits im Zusammenhang mit dem Bild der Nordatlantik-Inseln diskutiert, sind die Beleuchtungs-kompensierte Version und der Vegetationsdatensatz nun auch routinemäßig für die gesamte Abdeckung verfügbar.



Musaicum Vereinigte Staaten - Visualisierung der Vegetations-Daten

Musaicum Vereinigte Staaten – Visualisierung der Vegetations-Daten

Ich habe eine große Anzahl an Beispiel-Bildern auf der Produktseite bereitgestellt, die es Ihnen erlauben, das neue Bild zu erkunden. Falls Sie an einer Verwendung in eigenen Projekten interessiert sind, kontaktieren Sie mich gerne.

French Frigate Shoals, Hawaii

French Frigate Shoals, Hawaii

New York

New York

Zion Canyon, Utah

Zion Canyon, Utah

5. März 2025
von chris
Keine Kommentare

Wissenserhalt und Generationswechsel in OpenStreetMap

Ich habe heute einen Kommentar auf dem OSM-Carto Issue Tracker geschrieben, der meiner Meinung nach durchaus breiter gelesen werden sollte (hier in deutscher Übersetzung):

Wie viele wissen, hat OSM-Carto das aufwändigste System zur Darstellung von Straßen von allen OSM-basierten Karten. Seine Komplexität erlaubt es uns – mehr als die meisten anderen Kartenstile – die semantischen und strukturellen Details, die in den OSM-Daten über Straßen gespeichert sind, hervorzuheben und dazu Feedback zu geben. Sie stellt jedoch auch eine erhebliche Hürde für die Mitwirkenden an diesem Kartenstil dar und macht Änderungen an der Straßendarstellung zu einer Herausforderung.

Vor diesem Hintergrund wäre eine bessere Dokumentation unseres Straßenrendering-Systems von großem Wert. Nicht nur kurzfristig für die Entwicklung von OSM-Carto, sondern auch langfristig für die Zukunft von OpenStreetMap als Ganzes und für das Kartendesign im Allgemeinen. Es gibt im Moment nur eine Handvoll Leute, die ein tiefes Verständnis dafür haben, wie das Rendering von Straßen in OSM-Carto funktioniert – und für die meisten von ihnen ist dies bereits historisches Wissen (was bedeutet: sie sind nicht mehr in der Entwicklung von CartoCSS/Mapnik-Kartenstilen aktiv).

Leider haben diejenigen, die die wirtschaftlichen Möglichkeiten dazu hätten (Unternehmen, die OSM-Daten nutzen, akademische Einrichtungen, in geringerem Maße die OSMF), kein Interesse gezeigt, in das historische Gedächtnis von OpenStreetMap zu investieren. Und während wir in OSM-Carto den immensen Wert dieses Wissens für die Zukunft von OpenStreetMap und OSM-basiertem Kartendesign erkennen, fehlen uns natürlich die wirtschaftlichen Mittel, um sicherzustellen, dass dieses Wissen für zukünftige Generationen erhalten bleibt.

Wenn also jemand, der diesen Issue Tracker verfolgt, die Mittel hat, ein Vorhaben zu unterstützen, das 1,5 Jahrzehnte an historischem Wissen und Kartendesign-Erfahrung rund um die Entwicklung von OSM-Carto bewahrt und dokumentiert, wie der anspruchsvollste operative OSM-basierte Kartenstil funktioniert, oder die Möglichkeiten hat, diejenigen, die diese Mittel haben, zu überzeugen, hier zu investieren, dann fühlen Sie sich bitte sehr ermutigt, hier aktiv zu werden.

OpenStreetMap ist inzwischen älter geworden als die meisten digitalen sozialen Unternehmungen und hat sich dabei zumindest einigermaßen gesund gehalten. Aber einen echten Generationswechsel hat es noch nicht überstanden. Viele Leute aus den Anfangsjahren von OpenStreetMap bekleiden immer noch Schlüsselfunktionen innerhalb des Projekts.

Damit eine Gemeinschaft von Menschen langfristig überleben kann, muss sie – neben anderen – zwei wichtige Fähigkeiten entwickeln

  • in der Lage sein, einen echten Generationswechsel zu vollziehen
  • ein Gleichgewicht entwickeln zwischen
    • der Notwendigkeit, neuen Generationen von Mitgliedern den Raum und die Ressourcen zu geben, sich über den Horizont der vorherigen Generationen hinaus zu entwickeln (und auf diese Weise zu einer echten evolutionären Entwicklung fähig zu werden)
    • der Notwendigkeit, die kollektive Weisheit und Erfahrung über die Generationen hinweg zu entwickeln und zu bewahren (was einen langfristigen innovativen Fortschritt und eine bewusste Auswahl des evolutionären Pfades ermöglicht)

Der erste Punkt ist eine soziale Angelegenheit, OpenStreetMap kämpft definitiv mit dem Generationenwechsel. Ich habe dies in der Vergangenheit im Zusammenhang mit dem OSMF diskutiert – wo es insbesondere einige einflussreiche Leute gibt, die sich an ihren Einfluss klammern. Es hängt aber auch viel von der im zweiten Punkt beschriebenen Balance ab – was nicht nur eine soziale Frage ist, sondern auch eine intellektuelle und eine wirtschaftliche Herausforderung.

Im Zusammenhang mit der Feier des Geburtstags von OpenStreetMap haben Kommentatoren in der Vergangenheit oft Metaphern der Jugend und des Erwachsenwerdens verwendet. Ich denke, dass dies die falsche Perspektive ist. In der schnelllebigen digitalen Welt sind 20 Jahre in Bezug auf ein Menschenleben vielleicht eher 40 oder 60 Jahre.

Das Kartendesign ist meiner Meinung nach ein besonders gutes Beispiel für die Herausforderungen, denen OpenStreetMap in diesem Stadium seiner Entwicklung gegenübersteht. Nicht nur, weil es so sehr davon abhängt, dass Menschen mit einem weiten Blickwinkel und viel Erfahrung beteiligt sind und gleichzeitig aber auch neue Ansätze von unvoreingenommenen Köpfen ausprobiert und entwickelt werden. Sondern auch, weil wir schon in der kurzen Geschichte von OpenStreetMap verschiedene Beispiele hatten, in denen wesentliches Wissen verloren ging, weil die Träger dieses Wissens aus dem Projekt ausstiegen, ohne den Raum, die Wertschätzung und die Unterstützung zu bekommen, die nötig gewesen wären, um dieses Wissen substanziell weitergeben zu können (Osmarender und TopOSM, um nur zwei prominente Fälle zu nennen). Gleichzeitig erhalten junge Menschen mit Talent und Interesse an Kartendesign nicht das unterstützende Umfeld, das sie brauchen würden, um ihre Fähigkeiten zu entwickeln – darauf habe ich in der Vergangenheit bereits hingewiesen.

Manche mögen sagen: Was macht das schon? Eine evolutionäre Entwicklung ist doch sowieso zwingend mit Misserfolgen und Verlusten verbunden. Das ist richtig. Aber OpenStreetMap existiert nicht in einem Vakuum. Auch die Welt um uns herum entwickelt sich weiter. Und ich bezweifle, dass OpenStreetMap es sich leisten kann, sich auf seine Insel zurückzuziehen und einfach mit jeder neuen Generation von Karten-Designern neu zu beginnen.

Deutsche Version auf Grundlage einer automatischen Übersetzung mit deepl.

The Musaicum North Atlantic Islands

6. Februar 2025
von chris
Keine Kommentare

Das Musaicum Nordatlantik-Inseln

Nach den größeren regionalen Musaicum-Satellitenbildmosaiken von Europa und Westasien sieht diese zusätzliche Erweiterung der Abdeckung meiner Musaicum-Satellitenbildmosaik-Serie wahrscheinlich nicht sehr bedeutend aus. Aber sie stellt in mehrfacher Hinsicht einen Meilenstein dar, was ich hier erläutern werde.

Das Musaicum Nordatlantik-Inseln

Das Musaicum Nordatlantik-Inseln – Link geht zu größerer Version

Von früheren Arbeiten an lokalen Mosaiken in diesem Gebiet – Island, Jan Mayen und den Färöer-Inseln – wusste ich, dass diese Inseln der schwierigste Teil Europas sind, was die Erstellung eines qualitativ hochwertigen Bildes angeht. Die kurze Sommersaison in Kombination mit der hohen Bewölkungsdichte und den sehr unterschiedlichen Wolkentypen im Sommer machen dies zu einer Herausforderung. Das war zum Teil der Grund, warum ich diese Gebiete im Jahr 2023 nicht in die EU-plus-Abdeckung aufgenommen habe – denn das hätte damals einen außerordentlichen Zeitaufwand bedeutet, um sie in der gewünschten Qualität zu produzieren.

Jetzt, wo ein zusätzliches Jahr an Daten zur Verfügung steht und mit den Verbesserungen, die in der Zwischenzeit am Produktionsprozess vorgenommen wurden, habe ich beschlossen, es zu versuchen. Und die Ergebnisse sind bemerkenswert gut.

Akureyri und Nordisland

Akureyri und Nordisland

Reykjavik

Reykjavik

Stresstest des Prozesses

Ich habe bereits den Unterschied zwischen klassischen Mosaikherstellungstechniken und pixelstatistischen Methoden erörtert. Bei den Methoden der Pixelstatistik kann man sich auf die einfache Regel verlassen, dass sich die Qualität der Ergebnisse verbessert, wenn man mehr Daten verwendet (natürlich unter sonst gleichen Bedingungen) – wenn das nicht der Fall ist, ist die verwendete Methode fehlerhaft. Die Konvergenzrate, d. h. wie sehr sich die Ergebnisse durch die Verwendung von mehr Daten verbessern, ist unterschiedlich, aber der Grundsatz, dass dies der Fall ist, ist universell.

Bei den klassischen Mosaiktechniken ist dies im Allgemeinen nicht der Fall. Das Hinzufügen weiterer Quelldaten führt nur dann zu besseren Ergebnissen, wenn diese Daten besser sind als die bereits vorhandenen Daten. Andernfalls ist es ebenso möglich, dass die Qualität der Ergebnisse abnimmt. Dies zu vermeiden, ist eines der Hauptziele bei der Entwicklung von Mosaik-Produktionsmethoden.

Die Nordatlantik-Inseln sind ein guter Testfall, um dies zu bewerten, da man eine große Anzahl von Quellbildern benötigt, um sicherzustellen, dass jeder Teil des Gebiets mit Daten von angemessener Qualität abgedeckt ist. Selbst wenn man in einem Gebiet ein weitgehend wolkenfreies Sommerbild hat (was in vielen Gegenden selten vorkommt), kann es sein, dass zum Beispiel in den Bergen frischer Schnee liegt (was in Island sogar im Sommer üblich ist).

In Anbetracht dessen sind die Ergebnisse recht gut – die Wolkenhäufigkeit im Mosaik ist nicht messbar höher als in Kontinentaleuropa und Westasien, und auch die Einheitlichkeit ist gut. Und es gibt wesentlich weniger saisonalen Schnee als in meinem älteren, manuell erstellten Landsat/Sentinel-2-Mosaik.

Ohne Schattierung und Schatten

Die andere große Verbesserung betrifft die zusätzlichen Ebenen, die im Musaicum-Produktionsprozess erzeugt werden. Ich hatte die Beleuchtungs-kompensierte Version des Mosaiks bereits mit dem Europa-Bild eingeführt. Diese bietet – wie dort besprochen – wesentlich bessere Ergebnisse als die von der ESA verfügbaren L2A-Daten. Das Verfahren zur Herstellung dieses Mosaiks wurde an Methoden angepasst, die zuvor bei lokalen Mosaiken verwendet wurden – wie 2019 besprochen. Aber die Behandlung von Schatten ließ zu wünschen übrig, so dass ich 2024 einige Zeit damit verbrachte, diese Methoden zu verbessern. Dies wurde bereits bei der Produktion des Westasien-Mosaiks in großem Maßstab getestet, aber ich hatte damals nicht die Zeit, die Ergebnisse genauer zu bewerten.

Auch hier waren die Nordatlantik-Inseln ein guter Testfall, da bei hohen Breitengraden Schatten in Satellitenbildern ein größeres Problem darstellen als auf niedrigeren Breiten. Die Ergebnisse sind hier zu sehen.

Mountains in southern Iceland with shading as recordedMountains in southern Iceland with shading compensation

Eastern Iceland with shading as recordedEastern Iceland with shading compensation

Es gibt einen gewissen Grad an Unterkompensation der Schattierung (was – zumindest für visuelle Anwendungen – einer Überkompensation vorzuziehen ist) und Schatten werden nicht immer zuverlässig erkannt (insbesondere Schatten auf nassem Schnee sind bekanntermaßen schwer von Wasseroberflächen zu unterscheiden). Aber abgesehen davon bin ich auch hier mit den Ergebnissen recht zufrieden.

Die andere zusätzliche Ebene – der Vegetationsdatensatz – hat ebenfalls ein Upgrade erhalten. Dies verbessert die Kontinuität über die Kacheln hinweg, in denen die Daten verarbeitet werden.

Visualisierung des Musaicum-Vegetationsdatensatzes

Visualisierung des Musaicum-Vegetationsdatensatzes

Sowohl die Beleuchtungs-kompensierte Version des Bildes als auch der Vegetationsdatensatz werden nicht mehr als experimentell betrachtet und können nun wie das reguläre Mosaik lizenziert werden. Ich werde beides auch rückwirkend für das Westasien-Mosaik zur Verfügung stellen, sobald es die Zeit erlaubt.

Wenn Sie sich für das Bild der Nordatlantik-Inseln interessieren, schauen Sie bitte auf der Produktseite nach weiteren Details und Beispielen. Wenn Sie an zusätzlichen Musaicum-Bildern in bisher nicht verfügbaren Gebieten interessiert sind, nehmen Sie bitte Kontakt mit mir auf.

Bjargtangar, Iceland

Bjargtangar, Island

Tórshavn, Faroe Islands

Tórshavn, Färöer-Inseln

17. Oktober 2024
von chris
Keine Kommentare

Ein paar zusätzliche Kommentare zur neuen OSM-Carto-Version

Deutsche Version auf Grundlage einer automatischen Übersetzung mit deepl.

Wir haben eine neue OSM-Carto Version veröffentlicht, die endlich eine Lösung für eines unserer ältesten Probleme enthält – die Darstellung von Zugangsbeschränkungen auf Straßen. Und ich möchte hier ein paar zusätzliche Anmerkungen machen, die über das hinausgehen, was ich in der Release-Ankündigung geschrieben habe.

Das betreffende Problem war seit 11 Jahren offen, und ich habe den zeitlichen Ablauf dieses Prozesses bereits in der Entwicklungsdiskussion dargestellt:

Was können wir also daraus lernen und warum hat es so lange gedauert?

Was braucht Zeit bei der Kartengestaltung?

Zunächst einmal spiegelt diese Zeitleiste aus meiner Sicht in etwa den _relativen_ Arbeitsaufwand wider, der für verschiedene Aufgaben im praktischen Kartendesign erforderlich ist, das versucht, innovativ zu sein und nicht nur Ideen und Methoden zu kopieren, die anderswo entwickelt wurden:

  1. 50 Prozent der Arbeit ist konzeptionelle Designarbeit – eine realisierbare und gut durchdachte Hauptidee, wie man etwas darstellen kann, und eine konzeptionelle Skizze, wie die Regeln aussehen müssen, um von den Daten zu dieser Visualisierung zu gelangen, ist bereits die halbe Miete.
  2. 25 Prozent der Arbeit ist die Entwicklung einer ersten konkreten Umsetzung des konzeptionellen Entwurfs. Je nach Problemstellung besteht diese meist aus Algorithmus-entwicklung, Symbol- und Farbdesign.
  3. Weitere 25 Prozent der Arbeit entfallen auf die Verfeinerung und Anpassung dieser ersten Umsetzung an die praktischen Anforderungen der konkreten Karte. Dazu gehören technische Optimierungsarbeiten, Designanpassungen auf der Grundlage von Nutzerfeedback und praktische Tests des Designs in seinem kartografischen Kontext.

Diese Prozentsätze gelten unter der Voraussetzung, dass die konzeptionelle Arbeit von hoher Qualität ist. Ist dies nicht der Fall, können Sie den zweiten Schritt oft nicht abschließen und müssen die konzeptionelle Arbeit mit den Erkenntnissen aus dem erfolglosen ersten Versuch wiederholen. Das ist normal, selbst für erfahrene Kartendesigner. Aber dadurch dauert der ganze Prozess natürlich viel länger und man kommt am Ende immer noch auf ähnliche relative Prozentsätze.

Das Problem ist natürlich, dass dies schwer zu verkaufen ist. Und das ist bei einem freiwilligen Gemeinschaftsprojekt wie OSM-Carto nicht viel einfacher als bei einem kommerziellen Projekt. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich Kommentare zu OSM-Carto gesehen habe, in denen jemand im Wesentlichen sagte: Es muss nur in irgendeiner Form gerendert werden, es ist egal wie.

Um es also klar zu sagen: Ja, man kann diesen Ansatz verfolgen. Man kann im Wesentlichen Schritt 1 weglassen und Schritt 2 darauf reduzieren, Dinge von anderswo zu kopieren und die Farben zufällig auszuwählen. Am Ende erhält man etwas, das man selbst vielleicht auch eine Karte nennen würde. Aber das ist nur Schmarotzertum beim Kartendesign. Wirtschaftlich gesehen könnte dies aufgrund der Zeitersparnis sogar lukrativ sein. Aber intellektuell und künstlerisch wäre es höchst unbefriedigend. Deshalb glaube ich auch nicht, dass dies für ein freiwilliges Gemeinschaftsprojekt praktikabel wäre.

Gewinnung talentierter und qualifizierter Mitwirkender

Aber all das erklärt natürlich nicht, warum es 11 Jahre gedauert hat, bis OSM-Carto dieses spezielle Problem gelöst hat ist. Vor allem angesichts der Tatsache, dass dieses Problem im Gegensatz zu anderen, technisch nicht sehr anspruchsvoll ist.

Der überwiegende Teil dieser 11 Jahre wurde natürlich nicht für die eigentliche Arbeit aufgewendet, sondern bestand im Wesentlichen darin, darauf zu warten, dass jemand mit den erforderlichen Fähigkeiten und dem Interesse an dem Projekt die Zeit findet, daran zu arbeiten.

Die Quintessenz ist: Der Ressourcenengpass eines Gemeinschaftskartenprojekts wie OSM-Carto sind qualifizierte Kartengestalter, die die Kapazität und das Interesse haben, ihre Zeit in das Projekt zu investieren. OSM-Carto hat das besser hinbekommen als viele andere Kartenprojekte in der OSM-Community, denn die Hauptkarte für die OSM-Community zu sein, bildet einen großer Anreiz für Mitwirkende.

Aber – wie ich bereits in der Vergangenheit betont habe – haben wir, die OSM-Carto-Maintainer, es über viele Jahre hinweg versäumt, talentierten und fähigen Kartendesignern ein attraktives Umfeld für ihre Arbeit zu bieten. Die Fähigkeit, an konkreten kartografischen Problemen konzeptionell zu arbeiten, hängt davon ab, dass es eine klare Gesamtstrategie für die Karte als Ganzes gibt, und wir waren schon lange nicht mehr in der Lage, uns auf eine solche Strategie für OSM-Carto zu einigen.

Der andere Faktor ist der soziale Kontext des Projekts. Wie die nicht-technische Arbeit (die – wie oben beschrieben – mehr als die Hälfte des Kartendesigns ausmacht) in der größeren OSM-Gemeinschaft bewertet und geschätzt wird, hat einen großen Einfluss darauf, wie viel Talent und Fähigkeiten im Kartendesign OpenStreetMap insgesamt aufbringen kann. Wie ich bereits in der Vergangenheit herausgestellt habe, mangelt es der OSM-Gemeinschaft hieran erheblich. Wir haben viele Mitwirkende, die ein starkes latentes Interesse und oft auch Talent in diesem Bereich zeigen, die aber kein förderliches Umfeld für die Entwicklung finden.

Schlussfolgerungen

Zusammenfassend kann man sagen: In der OSM-Gemeinschaft gibt es ein immenses (ich würde sogar sagen: weltweit einzigartiges) Potenzial an Talenten, Fähigkeiten und Interesse an hochwertigem Kartendesign mit einem breiten Spektrum an kulturellen Hintergründen. Dieses Potenzial ist derzeit weitgehend ungenutzt, denn:

  1. Der gemeinschaftlichen Kartengestaltung in OpenStreetMap, vor allem OSM-Carto, fehlt die Fähigkeit (in Bezug auf die personellen Kapazitäten, in Bezug auf die technischen Werkzeuge und – im Falle von OSM-Carto – auch in Form einer gemeinsamen Strategie und Vision innerhalb des Projekts), diesen Menschen das unterstützende Umfeld zu bieten, das sie zur Entwicklung ihrer Fähigkeiten benötigen.
  2. Die OSM-Gemeinschaft unterschätzt kollektiv die Bedeutung von Kartendesign und die Bedeutung der Fähigkeit von OpenStreetMap, innovativ zu sein und den Stand der Technik in diesem Bereich aktiv zu gestalten, für die langfristige Zukunft des Projekts. Infolgedessen haben die Menschen nicht den Eindruck, dass sich die Investition in das gemeinschaftliche Kartendesign in OpenStreetMap lohnt, weder sozial noch im Hinblick auf ihre eigenen kartografischen Ambitionen.
OSMF board elections 2024 - delving into the post-truth era?

29. September 2024
von chris
Keine Kommentare

OSMF Vorstandswahlen 2024 – Aufbruch in die Post-Truth-Ära?

Die Wahlen für den Vorstand der OpenStreetMap Foundations stehen an und der interessanteste Teil für die OSMF-Mitglieder beginnt traditionell mit der Veröffentlichung der Selbstdarstellungen der Kandidaten, welche in den letzten Tagen erfolgt ist.

Ich habe diese jetzt ein wenig kreativ kommentiert – in englischer Sprache.